Klein und großartig
Jedes Jahr aufs Neue die gleiche Geschichte. Manch Einer würde vielleicht sagen: Immer wieder die gleiche Leier. Denn: Die Weihnachtsgeschichte ändert sich nicht. Nie und auch nicht ein wenig. Sie bleibt immer gleich. Exakt gleich.
Und doch höre ich sie jedes Jahr anders. Die gleiche Geschichte, ein anderer Gedanke. Denn nicht die Weihnachtsgeschichte ändert sich – ich ändere mich. Kontinuierlich. Zum Glück. Und so habe ich jedes Jahr aufs Neue die Chance, die Weihnachtsgeschichte anders zu hören. Zum wiederholten Male und doch wie beim ersten Mal.
Im letzten Jahr musste ich viel über die Geburt an sich nachdenken. Meine beste Freundin war schwanger zu der Zeit. Und während ich miterleben durfte, wie das kleine Kind im Bauch meiner Freundin immer stärker und größer wurde, stellte ich mir im Weihnachtsgottesdienst unweigerlich die Frage: „Wie war das eigentlich mit Maria?“
Denn in keiner Erzählung wird erwähnt, welche Schmerzen sie wohl gehabt haben muss. Hat sie geschrien? So, wie jede Gebärende? Die Bibel erzählt nichts weiter von der Geburt. Plötzlich war er da. Wohlauf in Windeln gewickelt. Weggelassen wird all das, was menschlich ist. Aber Gott kam als Mensch zur Welt, daran glauben wir, oder? Also: Blutverschmiert, zerknittert, schreiend, unter den Schmerzen Marias. Ja, so wie jeder Mensch wurde auch er unter Schmerzen geboren. Lebte mit Schmerz, starb mit Schmerz. Menschlich.
Ja, jedes Jahr höre ich sie anders, die Weihnachtsgeschichte. Eins aber höre ich immer: Gott hat sich dafür entschieden, zu uns Menschen zu kommen. Als Kind. Und – seien wir ehrlich – er hätte durchaus auch als großer, reicher König kommen können. Dann wäre er ja auch Mensch gewesen. Aber: Nein, er kommt nicht als protziger König. Er kommt als kleines Kind. Zerbrechlich und klein, auf die Liebe seiner Eltern angewiesen. Er kommt nicht nur als Mensch, er kommt menschlich. Er kommt uns so nah, wie es nur geht. An Weihnachten hat Gott gezeigt, wie viel Großartiges im Kleinen steckt. Wie großartig die kleinsten Wunder sind. Er hat sich klein gemacht. Für uns. Weil er uns so sehr liebt. Daran glaube ich fest. Menschlich und doch göttlich.
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Wie ich dieses Jahr die Weihnachtsgeschichte höre? Ich weiß es nicht. Und Sie? Was hören Sie in diesem Jahr, wenn wir von der Geburt Jesu erzählen?
Für mich ist klar: Wie auch immer ich die Weihnachtsgeschichte höre, ich möchte dieses Jahr auf die kleinen, unscheinbaren, menschlichen Dinge achten. Auf das, was zwischen den Zeilen steht. Auf die Dinge, die oft in den Hintergrund gerückt werden, obwohl sie so wichtig sind. Wichtig beim Hören der Geschichte, aber auch im Alltag mit meinen Mitmenschen.