Kreuz und queer im Bistum Osnabrück

Herz mit Regenbogen
Bild: unsplash.com, Sharon Mccutcheon

Der Arbeitskreis kreuz und queer im Bistum Osnabrück wurde 2013 zur Unterstützung der Seelsorge für Homosexuelle gegründet. Inzwischen geht es aber längst nicht mehr nur darum, schwule und lesbische Menschen im Bistum zu hören und ihnen eine Stimme zu geben – das Thema ist vielfältig: LSBTIQ lautet das Stichwort. Der Arbeitskreis ist eine Anlaufstelle für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen und alle, die sich persönlich oder als Gruppe damit auseinandersetzen. Sie alle sollen dabei unterstützt werden, ihren Platz in der Kirche zu finden.

Informationen zum Thema sexuelle Identität

Update

Maria Springwald

Im Februar 2023 hat Maria Springwald die Geschäftsführung des AK kreuz und queer übernommen. Weitere Infos dazu gibt es hier! Und hier finden Sie die Kontakte der Mitglieder des Arbeitskreises.

„Wir sind keine Selbsthilfegruppe, sondern wir wollen vor allem informieren, begleiten, beraten und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Sexualität facettenreich ist und in ihrer Buntheit wertvoll“, sagt Bruder Thomas Abrell, der den Arbeitskreis seit seiner Entstehung leitet. „Dazu arbeiten wir in verschiedenen Gremien im Bistum mit. Außerdem sind wir da, wenn beispielsweise Pfarrgemeinden, Verbände oder Schulen Informationen zum Thema sexuelle Identität suchen. Und natürlich sind wir auch bei persönlichen Fragen ansprechbar – für queere Menschen selbst, aber auch für deren Angehörige und alle Interessierten.“

Segen für alle

Ein Thema, das die Mitarbeiter des Arbeitskreises seit Jahren beschäftigt, ist die Segnung homosexueller Partnerschaften. Erst vor ein paar Monaten gab es wieder viel Wirbel darum, als die vatikanische Glaubenskongregation ihr „Nein“ zur Segnung gleichgeschlechtlich Liebender bekräftigte. Ein Rückschlag? Keineswegs! Bruder Thomas sagt: „Eigentlich hat uns das Ganze innerkirchlich sogar ein gutes Stück vorangebracht, denn die Stellungnahme der Glaubenskongregation hat ja eine riesige Protestwelle ausgelöst, zumindest in Deutschland: Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter haben öffentlich Position bezogen, auch Bischöfe. Kirchen im ganzen Land wurden mit Regenbögen geschmückt und es gab an vielen Orten – auch im Bistum Osnabrück – öffentliche Segnungsgottesdienste unter der Überschrift ‚Liebe gewinnt‘.“ Plötzlich sei klar geworden: Man kann das Thema nicht mehr totschweigen oder die Diskussion dazu per Dekret beenden.

Schon lange werde in Deutschland bistumsübergreifend an einer Handreichung für Seelsorgerinnen und Seelsorger gearbeitet, mit der Segensfeiern für verschiedenste Partnerschaften durchgeführt werden könnten – nicht nur für gleichgeschlechtliche Paare, sondern zum Beispiel auch für Geschiedene und Wiederverheiratete. „Das erhält jetzt viel mehr Aufmerksamkeit als in den vergangenen Jahren“, freut sich Bruder Thomas.

Mehr Freiheit, mehr Aufgaben

Gemalter Regenbogen vor der Domtüre
Auch vor dem Osnabrücker Dom prangte im März 2021 ein Regenbogen mit dem Schriftzug „Segen für alle“. Bild: Bistum Osnabrück

Auch Papst Franziskus und sein vor fünf Jahren veröffentlichtes Lehrschreiben „Amoris Laetitia“ – über die „Freude der Liebe“ – stimmen ihn optimistisch. „Kirchenrechtlich wird sich im Umgang mit Menschen diverser sexueller Identität wahrscheinlich nicht so schnell etwas ändern, dafür bräuchte es eine Neubewertung der gesamten katholischen Sexuallehre. Aber es gibt schon jetzt viel größere Freiheiten beim Thema, ganz konkret in der Umsetzung vor Ort. Papst Franziskus räumt den Ortskirchen diese Freiheit nicht nur ein, er schiebt sie ihnen regelrecht zu – das ist jetzt unsere Aufgabe!“ In Deutschland wird die als veraltet geltende Sexualmoral der katholischen Kirche beispielsweise beim Synodalen Weg thematisiert: „Da wird vieles heiß und offen diskutiert“, weiß Bruder Thomas.

Wertschätzung statt Diskriminierung

Bischof Franz-Josef Bode hat schon vor Jahren für die Wertschätzung lesbischer und schwuler Partnerschaften geworben und als erster katholischer Bischof in Deutschland eine Diskussion über die Segnung homosexueller Paare angestoßen. Im Bistum Osnabrück finden solche Segensfeiern statt, es gilt als eines der liberalsten Bistümer in Deutschland – und trotzdem sieht Bruder Thomas noch viele Aufgaben für den Arbeitskreis „kreuz und queer“: „Es wäre schön, wenn man den Arbeitskreis irgendwann nicht mehr bräuchte, weil es selbstverständlich ist,  dass niemand mehr wegen seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft diskriminiert wird; weil es natürlich ist, dass man mit Menschen jeglicher sexueller Orientierung normal umgeht – aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.“ Für das Bistum Osnabrück wünscht er sich vor allem konkrete Änderungen im Arbeitsrecht, damit gleichgeschlechtlich Liebende keine Angst vor Kündigung mehr haben müssen, wenn sie ihre Partnerschaft offen leben.

Weitere Infos

  • Reaktionen aus dem Bistum Osnabrück auf die Kampagne #outinchurch gibt es hier.
  • Sie haben Fragen oder suchen eine*n Referent*in? Hier können Sie den AK kreuz und queer kontaktieren.
  • Der BDKJ und seine Mitgliedsverbände setzen sich aktiv für eine queer-sensible Jugendarbeit ein. Dafür wurde im Herbst 2020 der AK queer* gegründet. Der Arbeitskreis bietet seitdem regelmäßig offene Austauschabende und „Safe Space“ Abende an. Wer mitwirken oder mit Fragen Kontakt aufnehmen möchte, erreicht die Mitglieder des Arbeistkreises per E-Mail: ak-queer@bdkj-osnabrueck.de.
  • Im Juni 2021 fand ein Fachtag zum Thema Sexualität im Bistum Osnabrück statt. Hier erfahren Sie mehr zum Thema.

Bruder Thomas hofft, dass sich künftig noch mehr Leute mit den verschiedenen sexuellen Identitäten auseinandersetzen, die Menschen haben können, denn: „Eine sexuelle Vorliebe ist nichts, was sich ein Mensch aussucht, sondern etwas, das zu jeder und jedem von Geburt an dazu gehört, das hat die Wissenschaft inzwischen herausgefunden.“ Er und seine Mitstreiter beim Arbeitskreis wollen weiter alles dafür tun, dass sich Menschen mit diesem Thema beschäftigen. Man müsste noch viel mehr darüber reden, um Ängste abzubauen, ist sich Bruder Thomas sicher. Das sei unglaublich wichtig, denn: „Die Diskriminierung einzelner aufgrund ihrer Sexualität darf gesellschaftlich nicht sein – und erst recht nicht in Kirche.“