Lebendiges Weihnachtsgeheimnis
Am Heiligen Abend habe ich kranke Menschen im Ostercappelner Krankenhaus besucht. Dabei haben mich unter anderem vier Mädchen begleitet, die als Engelchen verkleidet waren, und die in jedem Krankenzimmer ein weihnachtliches Gedicht vorgetragen haben. Auf den Fluren standen auch Krippen. Als wir uns eine davon näher angeschaut haben, sagte eines der Mädchen: „Hier fehlt was.“
– „Was denn?“, fragte ich, „ist doch eigentlich alles da, was zu einer Krippe gehört!“ „Nee“, sagte sie, „also wir haben da drin noch ne‘ Dixitoilette.“ „Was habt ihr in der Krippe: eine Dixitoilette?“ „Klar, meinst du nicht, dass die Gäste, die zur Krippe gekommen und länger geblieben sind, nicht auch mal so was gebraucht haben?“
Es ist ein sympathischer Zug unserer Krippentradition, die letztlich doch recht nüchternen biblischen Erzählungen von der Geburt Jesu von der je eigenen Lebenswelt her auszuschmücken. Warum auch nicht? Es geht ja darum, das Weihnachtsgeheimnis lebendig werden zu lassen, und das heißt vor allem: es mit dem eigenen Leben zu verbinden. So hat Merle auf ihre Weise, wie ich finde, eine ganz wichtige Dimension des Weihnachtsevangeliums hervorgehoben: Gott ist in Jesus von Nazareth ganz und gar Teil unserer Geschichte geworden, und das ermöglicht vielen Menschen, im buchstäblichen Sinne zu ihm zu kommen, bei ihm zu Gast zu sein – selbstverständlich so, wie sie sind, mit allen ihren leiblichen und seelischen Bedürfnissen und in ihrer Bedürftigkeit.
Über den Autor
Johannes Wübbe ist Weihbischof in unserem Bistum. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn bewegt – wir werden das in seinen Blogbeiträgen verfolgen.
Bei der Erzählung über die Sterndeuter oder Magier aus dem Osten, die das Matthäusevangelium überliefert, ist auch von solchen Bedürfnissen, von Sehnsüchten der Menschen die Rede. Sie werden da von einem Stern verkörpert, dem die Drei über eine lange Wegstrecke folgen, um dann bei Jesus anzukommen, und dort Begegnung zu erfahren, die ihr Leben verändert – wenn wir auch nicht erfahren, wie sich das dann genau ausgewirkt hat. – In diesen Tagen gehen auf den Spuren der drei Magier oder auch der drei Könige, wie sie bei uns seit Langem gedeutet werden, auch wieder die Sternsingerinnen und Sternsinger von Haus zu Haus. Sie bringen den Segen und geben so etwas weiter von der Freude über die Begegnung, die Gott schenkt; und: Sie lassen dieses Geschehen über die Spenden, die sie sammeln, auch wirksam werden für Kinder in der Ferne, diesmal im Libanon. So wird die Region in die Feier der Weihnacht einbezogen, die seit Langem nicht zur Ruhe kommt und aktuell von immer verheerenderen kriegerischen Konflikten heimgesucht wird.
Das mag manchmal alles kaum noch zusammenzubringen sein – frohe Stunden um die Krippe, feierliche Gottesdienste, lächelnde Kinder, die den weihnachtlichen Segen bringen, aber auch die Krankheit und der Krieg; ja: manchmal mag diese Spannung sogar in die Resignation und Verzweiflung hineinführen. Aber genauso ist Weihnachten: Gott erscheint mitten unter uns, wird ein Mensch wie wir, mit unseren Hoffnungen und Sorgen, mit den Freuden und Ängsten – und das ist es, was alles verändert! Einen guten Epiphanie-/Dreikönigstag und viel Zuversicht für 2020!