Eine Kirchenzeitung hatte mich angefragt, die Beiträge für die spirituelle Seite zu übernehmen. Der rote Faden war schnell gefunden: „Ein Psalmwort für die Hosentasche“, ein Vers aus einem Psalm und ein paar Gedanken dazu. Schön, wenn der Text zu dem offiziell vorgesehenen Antwortpsalm im Gottesdienst des jeweiligen Sonntags passen würde – und so schau ich mir den zuerst an und ob mich ein Vers daraus irgendwie berührt.
Neulich war es „Der HERR stützt alle, die fallen“ (Psalm 145, 14. Sonntag im Jahreskreis – die Redaktion braucht etwas Vorlaufzeit) – eine, wie ich finde, wunderschöne Zusage! Aber dann saß ich am Schreibtisch und fand und fand keinen Anfang. So ließ ich mich gerne vom „pling!“ der Mail einer Bekannten ablenken.
Verblüfft las ich:
Deine Wünsche zur Auferstehung kann ich tatsächlich gebrauchen. Am Mittwoch vor Ostern bin ich auf dem Weg zur Messe gestürzt und habe mein linkes Schultergelenk gebrochen. Nun bin ich für die nächsten 6 Wochen ‚stillgelegt‘ und weitere 6 Wochen wird es brauchen, um die Beweglichkeit wieder herzustellen. Viel Zeit, um nachzudenken, was mir das zu sagen hat. Manches erahne ich schon. Bin gespannt, was sich mir weiter erschließen wird …
Gestürzt auf dem Weg zum Gottesdienst? Also doch nichts mit „Gott stützt alle, die fallen“? Und so etwas in der Art schrieb ich dann auch in meiner Antwort – und dass ich gerade an diesem Psalmvers säße …
Ihre Reaktion kam postwendend:
Ich hatte einen guten Schutzengel. „Nur“ die linke Schulter und ein Bruch, der gut heilt – keine OP. Es hätte viel schlimmer kommen können. Ich war voll Dankbarkeit, trotz Sturz. Es braucht jetzt Zeit und Geduld, auch Achtsamkeit, das sind doch „hehre“ Ziele. Ich fühle eine große Gelassenheit … und bin frohen Mutes. Die Arbeit bleibt liegen, und es wird mir Zeit und Ruhe geschenkt. Auf dem Weg zum Gottesdienst – darüber denke ich noch nach. Vielleicht ist es manchmal wichtiger, in sich, in die Stille zu gehen?
Über die Autorin
Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!
Mir fiel dazu eine alte Pilgerweisheit vom Camino, dem Weg nach Santiago de Compostela, ein: „Der Weg gibt dir nicht das, was du willst, sondern das, was du brauchst“ – mit drei Fragezeichen schickte ich den Satz an sie weiter.
Und bekam dann folgende Antwort:
Wenn ich meine Reaktion reflektiere, dann wird mir klar: Ohne meinen Glauben hätte ich mich vermutlich fluchend aufgerappelt, nur das Negative im Blick gehabt und wäre an meiner Lage fast verzweifelt. Mit meinem Glauben aber kann ich in allem einen Sinn sehen oder zumindest vermuten. Das hilft mir, mit den vielfältigen Anforderungen des Lebens zurecht zu kommen. Ich spüre meinen Gott in allen Lebenslagen, wie eine bergende Hülle um mich herum. Schon seit längerer Zeit hatte ich das große Bedürfnis, mehr in die Stille zu gehen. Ich wollte fasten, in mich gehen, Bücher lesen, die mich schon lange ansprechen, meine Beziehung zu Jesus intensivieren. Aber immer wieder war anderes dran oder hat mich abgehalten („verführt“?). Eigentlich eine Schande: Er wartet, und ich komme nicht. Nun bin ich ihm sozusagen entgegen gestürzt: „Hier bin ich …“ – eigentlich toll, oder?
Okay, das war die Lektion dieses Abends. Nein, Gott bewahrt mich nicht davor, zu fallen. Aber auf ihn kann ich mich beim Aufstehen stützen.
Und der Beitrag für die Kirchenzeitung schrieb sich dann auch ganz leicht.