Die Theologin Martina Kreidler-Kos ist Autorin und Dozentin. Sie arbeitet als Diözesanreferentin für Ehe und Familie im Bistum Osnabrück und leitet den Fachbereich Übergemeindliche Pastoral des Bischöflichen Generalvikariates. Als Expertin arbeitet sie während des Synodalen Wegs im Forum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ mit. Was erhofft sie sich? Was motiviert sie, am Reformdialog der Kirche mitzuwirken?
„Katholische Kirche und Sexualität – eine komplizierte Sache. Da besteht Klärungsbedarf. Jeder weiß, dass es eine Kluft gibt zwischen der Lehre der Kirche und der Lebenswirklichkeit der Menschen. Unsere Arbeitsgruppe möchte diese Kluft nicht einfach hinnehmen, sondern daran arbeiten. Wir sind da nicht die Ersten. Papst Franziskus ist mit seinem Familienpapier ‚Amoris Laetitia‘ ein grandioser Aufschlag gelungen.
Unsere Themen sind grundsätzlicher Art. Es geht um die Haltung der Kirche zur menschlichen Sexualität, und die äußert sich konkret auch in Konfliktfeldern wie dem Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung, der Ablehnung von praktizierter Homosexualität oder der Anerkennung von zweiten Ehen. Natürlich wissen wir, dass wir nicht alles umkrempeln können. Aber wir könnten über ortskirchliche Lösungen nachdenken. Zum Beispiel, was den Segen für Paare angeht, die nicht kirchlich heiraten können. In der Praxis wird das sehr unterschiedlich gehandhabt. Wenn es diese Dinge gibt und wenn sie gut sind: Warum sollte man sie nicht gut begründet machen dürfen? Wir haben uns alle in den vergangenen Jahren mit dem Ist-Zustand arrangiert. Der Synodale Weg aber sagt: Das ist kein Zustand! Wir müssen diese Dinge offen diskutieren und Lösungen anbieten.
Jetzt geht es wirklich zur Sache
In unserem Forum gibt es keine Tabus. Die Gesprächsatmosphäre ist absolut wertschätzend und konstruktiv, wir haben eine großartige Mischung an Erfahrungen und Kompetenzen: Menschen, die in der Seelsorge tätig sind, in der therapeutischen, familienpolitischen und familienpastoralen Arbeit. Vertreten sind auch die wissenschaftliche und die moraltheologische Seite. Kritiker befürchten ja, dass der Synodale Weg nichts bewirken könne. Da bin ich anderer Meinung. Ich glaube, dass es jetzt wirklich zur Sache geht. Seit dem Papstpapier ‚Amoris Laetitia‘, 2016, gibt es einen nie dagewesenen Freiraum, den wir nutzen sollten. Es hat durchaus auch Sinn, einige Beschlüsse der Synodalversammlung, über die wir nicht selbst entscheiden können, nach Rom zu schicken. Denn bei allen Fragen rund um Kirche und Sexualität schauen viele auf Deutschland und sagen: ‚Ihr habt die Theologinnen und Theologen, das Geld und die Möglichkeiten, einen solchen Synodalen Weg zu gehen. Fangt mal an und macht das auch für uns!‘ Die Probleme sind überall auf der Welt ähnlich.
Wir haben eine großartige Botschaft
Ich verstehe den dringenden Wunsch nach Veränderungen. Es geht aber nicht nur darum, eine Sexualmoral zu demontieren, sondern eine zu finden, die lebensnah und alltagstauglich ist und tatsächlich Orientierung gibt. Die alte katholische Sexualmoral wird dieser Aufgabe nicht (mehr) gerecht. Sie ist so irritierend an manchen Stellen, dass sich keiner mehr daran hält. Veränderungen haben nichts zu tun mit dem Zeitgeist oder damit, dass Paare heute freizügiger sind. Früher hat die Kirche Paare sehr autoritär behandelt, das war schon damals nicht in Ordnung. Wir machen uns dafür stark, dass wir wegkommen von einer Verbotsmoral hin zu einer Beziehungsethik: Wie kann ich verantwortlich Sexualität gestalten? Wir sollten dabei auch weiterhin auf Liebesbeziehungen setzen, die auf Dauer, Treue und Ausschließlichkeit angelegt sind.
Weitere Infos
Hier finden Sie noch mehr Wissenswertes zum Synodalen Weg.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine großartige Botschaft haben: Glaube macht glücklich und unterdrückt nicht! Ich setze darauf, dass die Gläubigen den Synodalen Weg konstruktiv unterstützen – auch im Gebet – und die Hoffnung mit hochhalten.“