Mein Dschihad der Liebe
Immer wieder denke ich an das Buch von Mohamed El Bachiri: „Mein Dschihad der Liebe“. Bei den Terroranschlägen in Brüssel 2016 verlor Mohamed El Bachiri seine Frau. Es war am 22. März. Seine Frau wurde gerade einmal 34 Jahre alt. Mit seinen zu einem Buch angewachsenen Selbstgesprächen und Gedichten versucht er gegen den Schmerz und die Traurigkeit anzuschreiben. Es ist sein Versuch, den Terror zu bekämpfen. Nicht mit Gegenterror, sondern mit Offenheit und Toleranz.
Mohamed wurde gefragt, was er gegenüber den Terroristen empfindet? Hass? Nein, antwortete er. Er empfinde Wut, vor allem aber Traurigkeit und Melancholie. Hass bringe nicht weiter. Gewalt könne man nicht erfolgreich mit neuer Gewalt bekämpfen. Mohamed will diese Spirale durchbrechen. Rache ist für ihn kein Weg. Er will eine Alternative leben: Protest durch die Kraft der Liebe.
Wie schafft Mohamed so eine Friedfertigkeit? Er hat Werte, für die er leben will. Werte, die er auch in einer katholischen Schule vermittelt bekommen hat. „Ich ging in eine katholische Schule, weil die ganz in der Nähe war. Saint-Joseph et Saint-Rémy. Das lief prima. Ende der achtziger Jahre besuchten sehr viele Kinder aus der marokkanischen Gemeinschaft diese Schule. Selbstverständlich hatten wir katholischen Religionsunterricht und lernten etwas über katholische Werte. Mein Vater sah das so: ‚Es ist wie bei uns, nur ist Jesus nicht der Sohn Gottes, und wir haben noch einen Propheten dazu.‘ … Als Muslim hatte ich das Glück, sehr schöne Momente und viel Mitmenschlichkeit von den Lehrern meiner katholischen Schule zu erfahren. Als Erwachsener kann ich nur tiefe Zuneigung, Bewunderung und Freundschaft für diese katholische Gemeinschaft zum Ausdruck bringen. Solche Beweise von Liebe und Zugewandtheit vergisst man nicht so schnell.“ (vgl. S. 20-22)
Über den Autor
Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Das Buch hat einen provozierenden Titel: Dschihad wird von vielen als „heiliger Krieg“ verstanden. Im Ursprung bedeutet Dschihad aber „Bemühung“ und „Anstrengung“. Diese Anstrengung zeigt sich für einen Muslim im Bezwingen der zerstörerischen Leidenschaft.
Mich hat das Zeugnis von Mohamed El Bachiri sehr beeindruckt und ermutigt. Erzählen wir es weiter!