Nah und doch nicht leicht

Buch im Arm halten
Bild: Adobe Stock / Oleg Opryshko

Mose sprach zum Volk: Der Herr wird dir Gutes tun. Denn du hörst auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, und bewahrst seine Gebote und Satzungen, die in dieser Urkunde der Weisung einzeln aufgezeichnet sind, und kehrst zum Herrn, deinem Gott, mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele zurück. Denn dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir. Es ist nicht im Himmel, sodass du sagen müsstest: Wer steigt für uns in den Himmel hinauf, holt es herunter und verkündet es uns, damit wir es halten können? Es ist auch nicht jenseits des Meeres, sodass du sagen müsstest: Wer fährt für uns über das Meer, holt es herüber und verkündet es uns, damit wir es halten können? Nein, das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.

Deuteronomium 30,9c-14

Wie schwer ist es, Wort zu halten? Ich kündige meine Ankunft für eine bestimmte Uhrzeit an, versichere eine Aufgabe noch heute zu erledigen oder sage zu, mich ab jetzt wirklich öfter zu melden. Und dann kommt wieder was dazwischen. Irgendwas mit Leben. Versprechen geraten ins Wanken, Vorsätze verblassen, und plötzlich ist das, was ich „gemeint“ habe, nicht mehr das, was ich getan habe.
Ein Wort zu geben ist oft leichter als es zu halten. Und genau hier setzt dieser Text aus dem Buch Deuteronomium an: „Das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Du kannst es halten.“

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Nicht im Himmel, nicht jenseits des Meeres – nicht irgendwo weit weg.
Nicht nur für die besonders Frommen oder die religiösen Profis. Sondern für dich. Jetzt. Hier.
Und gleichzeitig: Nähe heißt nicht Leichtigkeit.
Das Wort ist nah – ja. Und es will getragen, gelebt, gehalten werden.
Nicht nur gedacht oder zitiert.
Nicht nur gefühlt, sondern getan.

Und trotzdem: Es gibt keine Garantie. Auch wer Gottes Wort ernst nimmt, erlebt Brüche, Zweifel, Fragen. Auch wer es „mit ganzem Herzen“ versucht, stößt an Grenzen.
Gottes Nähe ist keine Absicherung gegen Schmerz.
Doch sie ist ein Versprechen: Du bist nicht allein.
Du kannst aufstehen. Neu anfangen.
Das Wort in dir verstummt nicht, auch wenn es manchmal leise wird.

Farina Dierker