Ökumenischer Friedensdialog zu Kirche und Rechtspopulismus
Angesichts eines wachsenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus wurde beim 3. Ökumenischen Friedensdialog in Osnabrück vor den Gefahren für den Frieden und die Gesellschaft in Deutschland und Europa gewarnt, aber auch die Rolle und die Bedeutung der Kirchen bei der Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Kräften betont.
„Eins ist klar: Wir dürfen nicht schweigen, wir müssen die Stimme erheben, wir müssen lauter werden und die Dinge beim Namen nennen“, machte Bischof Dr. Heiner Wilmer, der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), deutlich. Und er fügte hinzu: „Rechtspopulistische Töne widersprechen der christlichen Lehre. Und daher müssen wir aufstehen und eine klare Sprache sprechen, um von Anfang an solche menschenverachtenden Bewegungen abzuwehren.“
Eine Position, die die evangelische Kirche teilt. „Wir müssen Haltung zeigen und dürfen uns von rechtsextremen Wahlergebnissen nicht einschüchtern lassen“, so Landesbischof Friedrich Kramer, der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in Osnabrück. Auch für ihn ist klar: „Als Christ kann man das, was in rechtsextremen Parteien vertreten wird, nicht vertreten.“
Dass allerdings auch unter Christinnen und Christen rechtspopulistische und rechtsextreme Positionen Zuspruch finden, darauf wies die Publizistin und Juristin Dr. Liane Bednarz hin. „Da herrscht das Gefühl, das christliche Abendland geht zu Ende, es muss gerettet werden“, erläuterte sie. Zentrale Themen seien dabei Genderfragen, Homosexualität und die Islamisierung. „Rechte Christen steigern sich da rein, sind der Meinung, dass sie den Glauben gepachtet haben und sie werden daher für den Rechtspopulismus und Rechtsextremismus empfänglich“, mahnte sie und sah davon die evangelische wie die katholische Kirche gleichermaßen betroffen.
Den Blick über Deutschland hinaus öffnete der Warschauer Politikwissenschaftler und Leiter der nationalen Wahlstudie Polens Professor Dr. Radosław Markowski. „Die Erwartung an die Demokratie ist überall in Europa gleich. Dazu gehören Freiheit, unabhängige Wahlen, freie Medien und eine Rechenschaftspflicht der politischen Führung. Und dennoch gibt es unterschiedliche Demokratiemodelle. Da wird dann durchaus auch in einer liberalen Demokratie eine autoritäre Führung begrüßt“, machte er in Osnabrück deutlich. Seine Sorge würde dabei allerdings nicht den Menschen gelten, sondern den politischen Führungen, die Realitäten schaffen würden, meinte er mit Blick beispielsweise auf Ungarn.
Markowski verwies darauf, dass auch in seiner Heimat, in Polen, große Teile der katholischen Kirche die rechtsgerichtete PiS-Bewegung unterstützt haben. „Lange waren die Menschen gegenüber diesen politischen Entwicklungen sehr passiv eingestellt, doch im vergangenen Jahr kam es dann zur Mobilisierung und der Rückkehr der Menschen, die vorher mit Politik nichts zu tun haben wollten“, so der Politikwissenschaftler. Dies habe die politische Landschaft wieder verändert, gab er zu bedenken.
„Darum ist eine Zivilgesellschaft wichtig, zu der aber auch Parteien und die Nichtregierungsorganisationen gehören“, gab Radosław Markowski zu bedenken. Denn von einem ist er überzeugt: „Die Mehrheit der Bevölkerung ist bereit, für die Demokratie aufzustehen.“
Wieder den Dialog miteinander führen und miteinander sprechen, dies hielt Liane Bednarz für wichtig. „Es krankt daran, dass nicht miteinander gesprochen wird. Und bei den Neuen Rechten erzeugt dies alles Elemente einer Endzeitsekte, die gegen den Untergang kämpft“, warnte sie. Doch solche Gespräche bräuchten auch Geduld und bedeuteten eine mühevolle Kleinarbeit. „Wir dürfen aber auch die Augen nicht davor verschließen, dass nicht alles rund läuft in unserem Staat und das da einiges zu verbessern ist. Denn die Demokratie scheitert nicht an ihren Feinden, sondern sie scheitert daran, wenn sich ihre Freunde nicht mehr für sie einsetzen“, unterstrich sie nachdrücklich und betonte: „Eine gute Politik wäre ein gutes Mittel, um die AfD zu bekämpfen.“
Eine Aufgabe der Kirche könne es sein, hier Menschen aus allen Bereichen zusammenzuführen und Verständigungsorte zu schaffen mit Gesprächen zu strittigen Themen, die von der Kirche moderiert würden, gab der EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer in Osnabrück zu bedenken. „Es ist unheimlich wichtig, dass wir ins Gespräch kommen, dass wir mehr miteinander reden“, so der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM).
Allerdings müsse dabei auch klar gemacht werden, dass menschenverachtende Äußerungen nicht akzeptabel seien, fügte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hinzu. „Die Deutsche Bischofskonferenz hat einmütig betont, dass Christentum und völkisches Denken unvereinbar sind. Der Mensch ist das Ebenbild Gottes. Das heißt, wir alle. Egal, ob Mann, Frau, dunkel, hell, aus dem Norden, aus dem Süden, Kinder, Große, Kranke. Alle verdienen die gleiche Würde“, machte er deutlich. Wer öffentlich Positionen vertrete, die gegen das Evangelium stehen, könne nicht für kirchliche Gremien kandidieren. „Und wer in einem Amt der Kirche ist, mit dem werden wir deutliche Gespräche führen müssen“, unterstrich der Vorsitzende der Kommission Justitia et Pax.
Landesbischof Friedrich Kramer betonte, dass es ebenso wichtig sei, den öffentlichen Raum zu behaupten und diesen nicht rechtsextremen Demonstrationen zu überlassen. „Wir haben in der EKM an unsere Kirchtürme Plakate mit klaren Aussagen angebracht. Dies löste durchaus Aggressivität aus und Plakate wurden zerstört. Dennoch: Wir müssen hier sichtbar sein“, so der EKD-Friedensbeauftragte.
Er verwies auf das gemeinsame Leitbild des gerechten Friedens, das von beiden großen Konfessionen vertreten werde. „Das bezieht sich auch auf den gesellschaftlichen Frieden. Durchaus in dem Wissen, dass die Demokratie Feinde hat. Es geht um gelebte Vielstimmigkeit, wo dem anderen der Respekt nicht abgesprochen wird. Denn Vielstimmigkeit ist Ausdruck einer demokratischen und friedlichen Gesellschaft“, so Landesbischof Friedrich Kramer.
„Es ist gut, dass wir hier als Christinnen und Christen über die konfessionellen Grenzen hinweg zusammenstehen“, machte ebenso Bischof Heiner Wilmer deutlich. Dabei könnten Christinnen und Christen einen wichtigen Impuls in die Gesellschaft geben, nämlich mehr zu streiten und dennoch besser zusammenzuhalten: „Streitet! Aber haltet auch zusammen! Wie in einer großen Familie.“
Osnabrück erlebte den 3. Ökumenischen Friedensdialog, zu dem die Deutsche Kommission Justitia et Pax und die Evangelische Friedensarbeit im Raum der EKD seit 2021 mittlerweile jährlich einladen, im Wechsel in Osnabrück und in Münster, also in den beiden Städten, in denen Gesandte der europäischen Mächte um das Ende des Dreißigjährigen Krieges verhandelten und zwischen denen fünf Jahre lang Friedensreiter pendelten. Friedensorte, in denen Geschichte geschrieben wurde.