Ohne Achtsamkeit geht es nicht
Die Tage nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie waren auch für mich sehr anstrengend. Und sie sind es noch. In vielen Gesprächen immer wieder Erschütterung und Wut. Die Menschen können die Betroffenheitsrhetorik nicht mehr hören. Sie schalten ab. Vertrauen ist verloren. Doch ohne Vertrauen ist Verkündigung nicht möglich.
Es ist nicht die Zeit wortreicher Erklärungen. Es ist die Zeit besonderer Achtsamkeit und entschiedenen Handelns. Finden wir uns mit den Missständen in der Kirche nicht ab! Erheben wir die Stimme und zeigen wir an! Machen wir die Tabuisierung oder Verteufelung bestimmter Themen nicht mit! Suchen und schaffen wir Orte, wo frei und wertschätzend gesprochen werden kann!
In schweren Tagen suche ich verstärkt nach Zeichen oder Worten, die mich aufrichten. Ich bin wieder auf den Jesuiten Pater Alfred Delp gestoßen:
„Auch der Weg der fordernden Kirche im Namen des fordernden Gottes ist kein Weg mehr zu diesem Geschlecht und zu den kommenden Zeiten. Zwischen den klaren Schlüssen unserer Fundamentaltheologie und den vernehmenden Herzen der Menschen liegt der große Berg des Überdrusses, den das Erlebnis unserer selbst aufgetürmt hat. Wir haben durch unsere Existenz den Menschen das Vertrauen zu uns genommen … Und gerade in den letzten Zeiten hat ein müde gewordener Mensch in der Kirche auch nur den müde gewordenen Menschen gefunden. Der dann noch die Unehrlichkeit beging, seine Müdigkeit hinter frommen Worten und Gebärden zu tarnen“ (Das Schicksal der Kirchen, 1944/45).
Mich beeindruckt, mit welcher Klarheit er in damals schwerer Zeit der Kirche den Spiegel vorhält: Vertrauensfrage, fordernde Kirche, Unehrlichkeit, Müdigkeit. Und doch oder gerade deswegen hat Kirche einen Weg in die Zukunft gefunden über Johannes XXIII. und das Zweite Vatikanische Konzil bis heute.
Über den Autor
Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Ohne Wertschätzung und Achtsamkeit werden wir das verlorene Vertrauen nicht zurückgewinnen. Wir brauchen eine demütige, hörende und zuhörende Pastoral und Kirche. Die Müdigkeit eingestehen und überwinden in einem direkten Kontakt unter den Menschen, das muss auch heute möglich sein.
Wenn ihr etwas in meinem Namen tut mit guter Absicht, dann ist es gut.
Wenn ihr etwas in meinem Namen tut mit schlechter Absicht, dann ist es bõse. Meine Liebe zu euch ist so groß, dass ich euch sämtliche Freiheiten gegeben habe. Alles was bõse ist, macht ihr selber. Schlimmer aber ist, jahre lang das Mäntelchen des Schweigens darüber zu decken, oder gar zu leugnen, damit das Unheil fortgesetzt werden kann. Damit wird Jesus auch nach seinem Tod weiter gequält, es zu sehen, dass sein Leiden umsonst war. Bis drei uneheliche Kinder darf ein Pastor haben, aber sich nicht darum kümmern. Auch das ist nicht von Gott gewollt. Die Institution Kirche muss von ihrem hohen Ross – unbedingt. Und sie muss sich erneuern. Sie wird vom Islam überrollt werden. In ca. 5 Generationen.