Seelsorge auf vier Rädern
Heiner Mühlhäuser ist als Pfarrer für sechs Landgemeinden im Emsland verantwortlich. Gelungene Seelsorge ist für ihn vor allem eins: Teamarbeit.
Würde er Hüte tragen, müsste er diese mehrmals am Tag wechseln. Denn Heiner Mühlhäuser ist Pfarrer von sechs Gemeinden im Emsland. Und wenn er mit dem Auto über Land fährt, ist er immer mal in einer anderen Gemeinde zu Gast. Der Knirps ist nur halb so groß wie Pfarrer Heiner Mühlhäuser, aber er spricht ihn trotzdem ohne Scheu an: „Herr Pastor, weißt du, wo hier die Toilette ist?“, fragt der Grundschüler den Geistlichen. Er kennt den Seelsorger, weil der regelmäßig in den Kindergärten und der Schule zu Besuch ist. Heute ist Abschlussgottesdienst in der evangelisch-reformierten Kirche von Lengerich, die Viertklässler werden gesegnet. Obwohl Mühlhäuser hier im Gotteshaus nur Gast ist, weiß er Bescheid. So kann dem Knirps geholfen werden. Seit fünf Jahren ist Heiner Mühlhäuser Pfarrer von Lengerich, Gersten, Bawinkel, Langen, Handrup und Wettrup. Zu den Gemeinden zählen gut 8500 Katholiken. Will er alle erreichen, muss er viel unterwegs sein. „Trotzdem komme ich nur auf rund 20 000 Kilometer im Jahr“, sagt er. Eine durchschnittliche Familie dürfte mit dieser Leistung kaum auskommen. „Ich versuche, Termine an einem Ort zu bündeln, damit ich nicht mehrmals täglich fahren muss.“
Es geht nicht ohne die Uhr
Der Tag fängt für Heiner Mühlhäuser meist mit der heiligen Messe an. Nach dem Frühstück gilt es, Büroarbeit zu erledigen oder Anrufe entgegenzunehmen. Ein Paar möchte heiraten, ein Kind soll getauft, jemand möchte besucht werden. In der wöchentlichen Dienstbesprechung am Dienstagvormittag wird er die Aufgaben verteilen. Zwei indische Priester und ein brasilianischer Pater aus dem Kloster Handrup teilen sich mit ihm die priesterlichen Aufgaben, außerdem gehören zwei Ständige Diakone und drei Gemeindereferentinnen zum Team. An anderen Vormittagen ist Mühlhäuser oft in einem der Kindergärten der Pfarreiengemeinschaft zu Besuch. Es hilft ihm, in den Gemeinden präsent zu sein, in denen er nicht wohnt. „Und über die Kinder kann Kontakt zu den Eltern entstehen, selbst wenn sie der Kirche nicht so nahestehen.“
„Ich bin dann weg“ ruft er seiner Häushälterin zu und holt sein Auto aus der Garage. Es geht ins zwölf Kilometer entfernte Bawinkel. „Gut, dass es die längeren Wege zwischen den Gemeinden gibt, da kann ich im Auto prima abschalten“, sagt er. Er parkt vor dem Alten- und Pflegeheim. „Moin“, ruft er laut Richtung Eingang, denn dort arbeitet gerade Hausmeister Thomas Vehring. Es sind nur wenige Worte, die die beiden Männer wechseln. Aber trotzdem entsteht der Eindruck einer großen Nähe. Überhaupt weiß der Pfarrer viel über das Leben seiner engeren Mitarbeiter, über kranke Angehörige oder wo sonst der Schuh drückt. Das gilt auch für Heimleiterin Monika Frerich. Beide bereiten die Kuratoriumssitzung vor, die für heute Abend angesetzt ist. Um 11 Uhr vibriert die digitale Armbanduhr des Geistlichen. „Geburtstagsbesuch“, steht auf dem Display. Ein paar Minuten bleibt er noch, dann geht es mit dem Auto wieder los.
Heute Pfarrer früher Frisör
Etwas außerhalb von Gersten wird er schon erwartet. Magdalena Peterberns wird heute 85. Sie lebt mit der Familie ihres Sohnes unter einem Dach. „Erstmal ein Schlücksken?“, fragt sie. Der Pfarrer winkt lachend ab: „Ich bin mit dem Auto“, sagt er um Verständnis werbend. Und dann überreicht er sein Geschenk: Ein kleines Kreuz, „für den Nachttisch“. Mit den Schnittchen, die jetzt auf den Tisch kommen, hat er offenbar nicht gerechnet: „Ich habe doch das Mittagessen nicht abbestellt.“ Aber dann greift er zu. Dafür hält er sich später beim Mittagessen im Pfarrhaus zurück. Nach dem letzten Bissen und dem Dankgebet ist Ruhe angesagt. Denn nachmittags stehen Seniorengottesdienste an, Hausbesuche oder Taufgespräche, manchmal ein Trauerbesuch. Neulich waren die Firmlinge bei ihm. Unter der Überschrift „Erzähl das doch deinem Frisör“ ging es um Gott und die Welt, um gegenseitiges Kennenlernen. Bevor Mühlhäuser Priester wurde, hat er als Frisör gearbeitet.
Sie taufen Kinder, trauen Paare, sprechen tröstende Abschiedsworte bei Beerdigungen: Hunderte Seelsorgerinnen und Seelsorger sind im Bistum Osnabrück im Einsatz und kümmern sich um die Menschen. Dazu gehören Priester, Diakone, Pastoralreferentinnen und -referenten und Gemeindereferentinnen und-referenten. Täglich leisten sie wichtige seelsorgerliche Arbeit, hören zu und helfen den Menschen.
Als Priester möchte er mitten unter den Menschen sein. Hier im Emsland ist es gut, dass der gebürtige Meppener Plattdeutsch spricht. „Es gibt Themen, über die kann man auf diese Weise leichter reden“, sagt er. Freud und Leid liegen an einem einzigen Tag manchmal dicht beieinander. Einmal wurde er zu einem plötzlichen Todesfall gerufen, kurz danach feierte er mit einem Paar die Silberhochzeit. Wie geht der Geistliche damit um? Da ist zum einen natürlich das Stundengebet, die Psalmen sind eine große Hilfe. Und dann ist er im Austausch mit verschiedenen Mitbrüdern. Einmal im Monat kommt er mit Mitbrüdern seines Weihekurses zusammen. Und über das Telefon findet auch ein Austausch statt.