Sterben lassen – eine Einladung zur Fastenzeit

Totenkopf
Bild: unsplash.com, Nick Fewings

Ein Gespräch unter Kolleg:innen in der Kirchengemeinde:

„Ich war vorher Altenpfleger.“
„Oh cool.“
„Ja! Der Beruf ist auch echt hilfreich für die Pastoral.“
„Kann ich mir vorstellen …“
„Vor allem, weil es um ein sterbendes System geht.“

Warum fällt es gerade uns Mitarbeitenden in Kirche und Gemeinde eigentlich so schwer, Dinge sterben zu lassen?

Landläufig hört man ja manchmal die (wissenschaftlich kaum verifizierte) Behauptung, der Gärtnerin eigener Garten sei der unordentlichste und des Pädagogen Kinder die unerzogensten.

Na ja.

Wir sind Expert:innen in Bestattungen und Trauergesprächen. Aber im Sterbenlassen?

Nun, vielleicht liegt es aber auch schlichtweg daran, dass man sich für gewöhnlich schlecht selbst beerdigen kann.

Woher diese Gedanken? Das Gespräch von oben führte ich mit jemandem in einer Woche, in der es mal wieder im Groben darum geht: Wir erreichen die Leute nicht mehr mit dem, was wir bisher anbieten, wie wir auftreten, wie wir aufgestellt sind. 

„Wir reden ständig darüber, dass es so nicht weitergeht – mit der klassischen Gemeindearbeit, mit den gestalteten Mitten und so weiter.“ Das sage ich irgendwann. „Und nie kommen wir mit irgendeiner zufriedenstellenden Antwort hier raus.“

Als er davon erzählt, was er früher gemacht hat und erwähnt, dass er durch den Beruf als Altenpfleger im Begleiten von Sterbeprozessen Erfahrung hat, sagt er das mit einem gewissen verbitterten Witz in der Stimme. Es ist lustig gemeint. Und gleichzeitig meint er es furchtbar ernst.

Das ist es ja auch. Umso essenzieller, mit einem Witz anzufangen.

Aber jetzt mal ehrlich:

Über die Autorin

Katie Westphal ist Pastoralassistentin. Sie schreibt Texte über Lebens- und Alltagsfragen und ist immer auf der Suche nach der richtigen Hintergrundmusik. Außerdem erzählt sie gern davon, wie es ist, Christin und Feministin zu sein: Eine gute Kombination, wie sie findet.

Wir können wirklich vieles in Kirche: große Menschenmengen verpflegen. Redaktionsteams zusammenstellen. Keller trockenlegen. Plakate gestalten (na ja, es versuchen). Versicherungsfälle und Sachkostenzuschussanträge bearbeiten. Ein Gespür dafür haben, Leute aufzutreiben, die es cool finden, eine Weihrauchprobe mitzumachen. Mit Tourismusbüros kommunizieren und sie überzeugen, einen Radpilgerweg im Emsland zu genehmigen oder das Sternsingermobil im Sommer an den Strand von Norddeich bringen.

Können wir.

Und wir können ebenfalls Sterbeprozesse begleiten – wir sind vielleicht keine Altenpfleger:innen, aber doch Seelenpfleger:innen, und da gibt es ja schon viele Anknüpfungspunkte beim Sterben.

Die Fastenzeit beginnt. Da sind wir doch auch Expert:innen!

Asche, Tod, Sterben. Dinge sein lassen. Ausmisten. In eine bessere Richtung umschwenken.

Es muss nicht immer schlechter werden, wenn es neu wird. Es muss nicht zwangsläufig auseinanderfallen, wenn man etwas auseinandernimmt und neu zusammensetzt. Es könnte halten. Es könnte ja etwas geradezu viel besseres passieren und wachsen, wenn man etwas Altes sterben lässt! Huch …

(Ich verrate jetzt hoffentlich kein Geheimnis, aber ich hab schon öfter gehört: Die Fastenzeit soll auch ganz gut enden. Zumindest erzählt man sich das bei uns immer wieder, Auferstehung und so.)

Also: Ich würd‘ euch einladen (Ha! Wer ist kurz zusammengezuckt? Gut so, das ist eine Phrase, die auch dringend mal aussterben sollte …), nicht mehr zu lamentieren. Nicht mehr zu fürchten (Ok, der Satz kommt nicht von mir.) 

Fastenzeit! Dinge sterben lassen.

Können wir eigentlich auch.

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