Sturmerprobt

Drache
Bild: unsplsh.com, Onder Ortel

Starker Sturm aus Ost, die Insel Juist ist abgeschnitten vom Festland, zu wenig Wasser, der Fährbetrieb ist eingestellt. Es ist halt Herbst, da passiert das schon mal mit den Stürmen. Als Insulanerin stellt man sich darauf ein. Schaut, ob alles sturmfest ist, draußen ums Haus und in meinem Fall auch um die Kirche herum. Und dann abwarten, sich der Lage entsprechend anpassen. Geschieht eigentlich unaufgeregt. Kann man das „sturmerprobt“ nennen?

Könnte sein, dass Touristen sich ärgern über diesen Regen-Sturm-Urlaubs-Tag, aber es gibt auch welche, die finden das eher wie ein kleines Abenteuer. Ich finde es immer wieder staunenswert, dass man so  abhängig von der Natur ist, dass Grenzen gesetzt werden, (nicht wegen dem Klimawandel und seinen schlimmen Folgen), sondern einfach, weil die Gezeiten und das Wetter so sind, wie sie sind. Egal wie arm oder wie reich jemand ist, keiner kommt jetzt mit dem Schiff von der Insel wieder weg. Da sind alle gleich. Man kann das nicht mehr selbst entscheiden.

Sich an einen nicht geplanten, eventuell auch sehr unangenehmen Zustand anpassen, flexibel sein, das ist eine Fähigkeit, die gelernt werden kann, manchmal auch muss. Das bringt einen raus aus dem Trott, aus dem „Üblichen“ und ich finde, man bekommt schnell einen Erkenntnis-Moment: Es ist eigentlich gar nichts selbstverständlich und es kann von einem Moment auf den anderen alles so anders sein als erwartet oder auch erwünscht.

Über die Autorin

Sr. Michaela Wachendorfer ist Exerzitienbegleiterin und lebt seit mehr als 14 Jahren auf der Insel Juist. Dort bietet sie u.a. Auszeiten an und versucht, Kirche als Gottesort lebendig und ansprechend zu gestalten. Im Bistumsblog gibt sie spirituelle Impulse, erzählt vom Leben und Arbeiten auf der Insel und von Begegnungen mit ständig wechselnden Menschen, die hier spontan Gemeinde bilden.

Sich auf Neues einstellen, fordert loslassen, umdenken, macht lebendig und wach. Kann aber auch so etwas bedeuten wie: sich fügen, sich einverstanden zeigen oder sich anpassen. Diese Worte rufen schnell innere Widerstände hervor, jedenfalls bei mir. Und gleichzeitig weiß ich, habe ich erfahren in schweren Situationen, wie hilfreich das doch sein kann und wie befriedend das wirken kann, etwas geschehen zu lassen. Natürlich nicht immer! Aber etwas geschehen lassen und stehen lassen, wie es gerade ist, oder wie es gerade gesagt wird, ohne direkte Antwort, kann Gelassenheit und Ruhe in einen hektischen Augenblick bringen. Der Sturm kann sich austoben und sich dann  sogar legen.

Vielleicht gibt es deshalb die Geschichten vom Sturm auf dem See und von Jesus mitten im Sturm.  Genau da ruft er dem Petrus zu: komm! Und im Kontakt mit Jesus kann Petrus sogar auf dem stürmischen See laufen. Im Kontakt mit Gott kann man die dunklen Mächte, die beängstigenden Stürme überstehen.

Noch tobt hier der Wind von Ost um die Kirche, peitscht der Regen gegen mein Fenster. Und während ich das so „gelassen“ schreibe, werde ich angerufen: „im Pfarrhaus regnet es durchs Dach!“ Nachher werden wir uns zur Vesper und Mediation in der Kirche treffen. Mal sehen, wer so „sturmerprobt“ ist und kommen wird. Wir werden all die im Beten einschließen, die gerade in schlimmeren Ängsten und Bedrohungen zu versinken drohen.

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