Trauer braucht Zeit, Ort, Ausdruck und Gemeinschaft

Gesicht mit Blatt vor dem Mund
Bild: unsplash.com, Allef Vinicius

Mit Sterben und Abschiednehmen wird jeder Mensch konfrontiert, und das nicht nur im Hinblick auf den eigenen Tod. Auch viele junge Leute müssen mit der Trauer um einen geliebten Menschen fertigwerden. An sie wendete sich die Wochenendveranstaltung „Du fehlst“, die jetzt zum sechsten Mal im Haus Ohrbeck in Georgsmarienhütte stattgefunden hat. Gestaltet haben das Angebot die Bildungsstätte Haus Ohrbeck und das flügge Netzwerk für Junge Erwachsene im Bistum Münster.

Acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 26 und 36 Jahren waren dabei. Der Altersdurchschnitt von 30 Jahren lag damit etwas über dem sonst bei diesem Angebot üblichen, wie Aadel Maximilian Anuth, Referent im Haus Ohrbeck, berichtet. Er leitete mit Katja Orthues zusammen das Wochenende.
„Trauer braucht Zeit, einen Ort, einen Ausdruck und Gemeinschaft – genau dies wollen wir ermöglichen“, erklärt er. Durch die ausdrücklich gesetzte Zielgruppe der jungen Erwachsenen werde gerade die Gemeinschaft besonders betont und gefördert. „Junge Erwachsene fühlen sich mit ihrem Schicksal häufig allein und teilweise auch einsam“, erklärt Anuth. Er nennt dafür Gründe: „Sie erleben sich in ihrem Umfeld häufig als die Einzigen, die Eltern, Geschwisterkinder oder Freundin oder Freund ,so früh‘ verloren haben. Die Reaktionen des Umfelds irritieren und verunsichern teilweise zusätzlich.“

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Schon zu Beginn des Seminars machen Anuths Erfahrung nach viele Teilnehmende eine stärkende Erfahrung: „Wenn sie erzählen, warum sie sich angemeldet haben und wer ihnen fehlt, dann ist dies für viele ein schon ein erster heilsamer Moment, weil sie spüren, dass sie mit ihrem Schicksal nicht allein sind.“

Im Verlauf des Wochenendes ermögliche man es den Trauernden, Zeit mit der verstorbenen Person zu verbringen beziehungsweise sich mit dem persönlichen Verlust zu beschäftigen und sich parallel mit den anderen in der Gruppe auszutauschen. Bei diesem Austausch gehe es um Tipps zum Umgang mit der Trauer ebenso wie um persönliche Erfahrungen. „Als Referentin und Referent gestalten wir den Rahmen und bringen uns bei Bedarf mit unserer Expertise ein – stehen also begleitend und beratend zur Seite“, sagt Anuth. Er ergänzt: „Die Teilnehmenden sollen sich an diesem Wochenende frei fühlen. Gerade zum Ende des Seminars versuchen wir dann, für sie einen guten Übergang zurück in den Alltag zu gestalten.“
Der Referent verweist auf den Ausspruch „Trauer ist Liebe“. Diese Liebe sei an diesem Wochenen-de für viele spürbar. „Insofern hat das Seminar neben der Schwere auch viel Leichtes, und es ist auch für mich jedes Mal ein Geschenk“, sagt Anuth.

Aadel Maximilian Anuth, Referent in Haus Ohrbeck

Die Aussagen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Abschluss des jüngsten Seminars bestätigen die Erfahrungen und Ansätze des Referenten. Da ist von „sehr befreienden“ Tagen ebenso die Rede wie von der Erfahrung, sich „zum ersten Mal verstanden gefühlt“ zu haben. „Ich hatte an dem Wochenende Zeit und Raum, um Emotionalität zuzulassen“, sagte ein Teilnehmer. Eine andere Teilnehmerin zeigte sich abschließend „dankbar, auch für die Mischung aus Schwere, Trauer und gemeinsamem Lachen.“

Diese Möglichkeit sollen junge Trauernde auch im kommende Jahr wieder haben. „Uns ist es wichtig, dass dieses Seminar jährlich angeboten wird, um zuverlässig jungen Erwachsenen einen individuellen Ort für ihre persönliche Trauer anzubieten,“ sagt Christoph Aperdannier vom flügge Netzwerk im Bistum Münster.