Das geht unter die Haut

Ausstellung Trauertattoo Forum am Dom
Bild: Forum am Dom

„Sie sind etwas Schönes und zugleich Schmerzvolles.“ Und sie gehören zu ihm. Seine Tattoos und er – das ist ein längerer Weg, ein Trauerweg. Mario erzählt davon, wie er sich nach dem Tod seiner Frau vor vier Jahren das erste Tattoo stechen ließ. Mittlerweile zieren die Augen seiner Frau, ein Engel, ein Anker und weitere Symbole seinen Körper. Mit Mario und Lanni, seiner Tätowiererin, kam ich im Forum am Dom ins Gespräch. Ihre Geschichte von dem mehrjährigen gemeinsamen Trauerweg hat mich berührt und bewegt.

„Wenn ich jemanden tätowiere, braucht es gegenseitiges Vertrauen und Empathie“, betont Lanni. „Es ist ein sehr persönliches Geschehen. Am Anfang habe ich mit Mario viel geweint über den Verlust seiner Frau. Und ich habe so viel gelernt über Trauer …“ Und Mario sagt: „Trauer geht einfach unter die Haut.“ Fotos von den Kunstwerken, die Lanni auf Marios Körper gezaubert hat, sind zurzeit im Forum am Dom im Rahmen der Ausstellung „Trauertattoos – Unsere Haut als Gefühlslandschaft“ zu sehen.

15 fast lebensgroße Fotos von Trauernden werden gezeigt. 15 Personen, die mit ihren Tattoos etwas ganz Persönliches mitteilen. 15 Geschichten, die berühren. Alle verbindet, dass sie einen lieben, nahestehenden Menschen verloren haben: den Partner, eine Schwester, den Bruder, Mutter oder Vater, einen Freund, eine Freundin … Eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, ließ sich den Handabdruck ihres Kindes tätowieren.

Ausstellung Trauertattoo Forum am Dom

Viele Besucher*innen nehmen sich Zeit, schauen sich die Fotos an, lesen die Geschichten und sind offensichtlich beeindruckt von der Ausstellung. Andere haben Fragen, sind vielleicht herausgefordert, irritiert oder sagen: „Ich würde mir kein Tattoo stechen lassen.“

Auch ich musste mich erst daran gewöhnen, in diesen Wochen täglich von Trauerrtattoos umgeben zu sein. Dankbar bin ich dem Osnabrücker Hospiz für die Initiative zur Ausstellung, die noch bis zum 20.11. im Forum am Dom zu sehen ist. Kerstin Hartig, die das Projekt ins Leben gerufen hat, schlägt mit ihren Fotos und Interviews mit Trauernden eine wichtige Brücke zu einem sperrigen Thema.

„Eigentlich bin ich kein Tattoo-Typ.“ Das ist in mehreren Geschichten der Tätowierten zu lesen. Aber die Trauer hat sie dazu bewogen, ihren Gefühlen einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen. Das Tattoo ist für sie ein Zeichen der bleibenden Verbindung zu den Verstorbenen und ein Bild dafür, wie die Trauer sie verändert hat. Und darüber kommen Menschen ins Gespräch, über ihren Schmerz und ihre Sehnsucht …

Über die Autorin

Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.

„Jede und jeder trauert anders, für mich ist es ein offener, lebenslanger Prozess“, betont Mario. Und er überlegt schon, welches Tattoo er sich als nächstes gestalten lässt. Ein Symbol der Hoffnung soll es für ihn sein, der Hoffnung, dass es weitergeht und mit dem Tod nicht alles aus ist.

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