Vergessen wir diese starken Frauen und Männer nicht!
Ich war in den vergangenen Wochen auf Radtour. Dabei kam ich auch zum ehemaligen Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück, nördlich von Berlin. In einer herrlichen Landschaft errichtete die Nazi-Diktatur hier Konzentrationslager mit Außenlagern. Mir ist das Leben einer französischen Ordensfrau besonders in Erinnerung geblieben:
Elisabeth Rivet kam aus Lyon. Sie trat mit 22 Jahren in die Ordensgemeinschaft „Unsere Liebe Frau vom Mitleiden“ ein. Die Gemeinschaft engagierte sich besonders für verwaiste, verstoßene und hilflose Kinder. Als Schwester Elisabeth von der Hl. Eucharistie legte sie im März 1915 ihr Ordensversprechen ab. 1933 wurde sie von ihren Mitschwestern zur Generaloberin gewählt. Nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen entschied Schwester Elisabeth, die verschiedenen Klöster ihres Ordens für jüdische Kinder und Verfolgte zu öffnen. Später gab sie dem französischen Widerstand das Einverständnis, ihr Kloster zur Lagerung von Waffen und Munition zu nutzen.
Schwester Elisabeth wurde denunziert, durch die Gestapo verhaftet und ins Gefängnis Fort Montluc bei Lyon gebracht. Bei ihrer Verhaftung übernahm sie die Verantwortung und sagte der Gestapo: „Meine Herren, ich bitte Sie, führen sie die Schwestern und die Kinder nicht aus“. Im Juli 1944 kam sie in das überfüllte Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Hier wurde sie gezwungen, ihr Ordenskleid abzulegen, was sie tief getroffen hat. „Nichts Schlimmeres kann mir jetzt passieren. Man hat mir mein Ordenskleid ausgezogen.“ Im Konzentrationslager setzte sie dann durch, dass sie ein einfaches schwarzes Kleid tragen konnte und als Ordensfrau erkennbar blieb. Von den Mitgefangenen wurde Schwester Elisabeth als eine Persönlichkeit mit einer außergewöhnlichen Ausstrahlung erlebt.
Gegen Kriegsende steaben in Ravensbrück tausende Frauen an Typhus und Entkräftung, sie wurden vergiftet, erschossen und vergast.
Über den Autor
Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Im März 1945 wurde Schwester Elisabeth mit 1.500 anderen Frauen in ein Außenlager in der Uckermark überführt und dort bei der Selektion dem „Sonderblock“ zugewiesen, der letzten Station vor dem Tod. Am Karfreitag, dem 30. März 1945, wurden 50 Frauen aus dem Sonderblock aufgerufen zum Transport in die Gaskammer. Schwester Elisabeth betrat für eine verzweifelte Familienmutter den Lastwagen und verabschiedete sich bei einer Überlebenden mit den Worten: „Ich breche auf in den Himmel. Gebt Nachricht in Lyon.“
Als ich bei meinem Besuch in der KZ-Gedenkstätte dieses Lebens- und Glaubenszeugnis entdeckte, erinnerte mich das an Pater Maximilian Kolbe, an den die Kirche am 14. August besonders denkt. Sein Lebens- und Glaubenszeugnis hat mich schon als Jugendlicher beeindruckt. Im KZ Auschwitz ging der Franziskanerpater 1941 für einen Familienvater in den Hungerbunker und starb.
Vergessen wir diese starken Frauen und Männer unseres Glaubens und der Kirche nicht!
Danke für dieses Lebenszeugnis. Wie kann es sein, dass von dieser beeindruckenden Frau bisher nichts zu hören war. Solche Menschen dürfen niemals vergessen werden!