Von Gottes Gnaden

Krone aus Licht
Bild: unsplash.com, Scarlet Ellis

Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte. Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst! Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden. Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Lukas 23, 35-43

 

Christkönigssonntag – so ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr überschrieben. Das hört sich für aufgeklärte und demokratische Menschen sperrig an. Von Königen und Despoten, die sich auch noch als von „Gottes Gnaden“ eingesetzt wähnen, hat die Geschichte doch genug gesehen. Auch die Adelshäuser bieten allenfalls noch Unterhaltungswert in bunten Blättern und Gerichtssälen.

Der am Kreuz verspottete und sterbende „König der Juden“ ist das völlige Gegenmodell. Seine Macht zeigt sich in der Ohnmacht. „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst“, bittet einer der Verbrecher, die mit Jesus gekreuzigt werden. „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“, antwortet der. Die Macht der Liebe ist stärker als Tod. Der einsichtige Verbrecher wird leben – von Gottes Gnaden!

Das Bibelfenster

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Christen retten sich gern in die Vorstellung eines außerweltlichen Königsreiches Gottes. Jenseitsvertröstung in dunklen Zeiten. Doch das Reich Gottes ist viel mehr:  Es ist die Revolution der Liebe schon in dieser Welt. Heinrich Albertz, ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin und Pastor der Bekennenden Kirche, berichtet in seinen Memoiren, wie er 1939 am ersten Sonntag nach Kriegsausbruch in einer Vorstadtgemeinde im damaligen Breslau zu predigen hatte. „Sorgt euch nicht!“ hieß es im Evangelium (Mt 6,25-34). Die Geheime Staatspolizei verhörte Albertz im Anschluss. Sie empfand weniger seine Predigt, wohl aber das Evangelium als Provokation und „Leichtsinn angesichts der gewaltigen Kriegsanstrengung des deutschen Volkes“.

Die Gestapo hatte verstanden: Wer dieser Botschaft von Jesus Christus begegnet, ist für Despoten nicht mehr erreichbar. Der kann sogar mit seiner Lebensangst, mit seiner Furcht fertig werden. Diese Freiheit von der Sorge befreit zugleich zum Dienst am Nächsten. Originalton Jesu: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Großen ihre Vollmacht gegen sie gebrauchen. Bei euch soll es nicht so sei, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein. Wie der Menschensohn nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mt 20,26-28)

Am Christkönigssonntag feiert die Kirche diese königliche Freiheit der Kinder Gottes und ihren Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden, gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus.

Gerrit Schulte, Diakon