Von Herzenswünschen bis wunschlos glücklich
„Haben Sie noch einen Wunsch?“ Beim Gemüsestand auf dem Markt ist die Frage leicht zu beantworten. Aber fragt jemand nach Weihnachtswünschen, wissen viele oft nicht, was sie sagen sollen. Bei einigen liegt das daran, dass sie schon alles haben oder genug Geld, um sich fast jeden Wunsch zu erfüllen. Andere sagen nichts, weil sie gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen mit dem Wünschen …
Für Kinder ist es meist leichter, die wissen schon Anfang November ganz genau, was das Christkind bringen soll: eine Eisenbahn; die Puppe, die man richtig füttern kann; ein ferngesteuertes Auto; ein Pony und und und … Geschäfte und Internetshops haben in der Vorweihnachtszeit Hochkonjunktur: Smartphones, Küchengeräte und Spielkonsolen, damit lässt sich Geld verdienen. Daher wäre eine wunschlos glückliche Gesellschaft eine Katastrophe für die Wirtschaft. Aber was ist mit denen, die in diesem Jahr kein Geld für Weihnachtsgeschenke übrighaben? Die sich vor allem wünschen, dass es in der Wohnung auch im nächsten Jahr noch Strom und Heizung gibt, dass sie genug zu essen für sich uns ihre Kinder und Geld für ein gebrauchtes Paar Schuhe aus dem Sozialen Kaufhaus haben?
Der Unterschied zwischen Arm und Reich wird auch in Deutschland immer größer. Die Vorweihnachtszweit kann ein guter Anfang sein, um dem entgegen zu wirken. „Freude schenken“ – unter diesem Motto steht zum Beispiel die diesjährige Wunschbaum-Aktion der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes für den Landkreis Emsland. Dabei werden Geschenk-Patinnen und -Paten gesucht, die Wohnungslosen kleine Wünsche erfüllen.
Von einem Wunschbaum in der Propsteikirche St. Vitus Meppen können Interessierte einen Wunsch-Stern pflücken und bis Mitte Dezember individuelle Päckchen im Wert von 25 bis 30 Euro packen – zum Beispiel mit Geschenk-Gutscheinen, Hygiene-Artikeln, Kaffee oder Süßigkeiten. Als Anhaltspunkt gibt es kurze Beschreibungen auf den Sternen: „Für Herrn H., 57 Jahre, obdachlos mit Hund“; „Für Frau B., 39 Jahre, mit Kindern (10 Jahre, weiblich; 19 Jahre, männlich)“. Die Päckchen werden dann über das Team der Caritas an die jeweiligen Menschen verteilt.
Zu kompliziert? Wer es einfacher mag, kann auch Geld spenden, das die Mitarbeiter*innen der Caritas dann im Dezember als „Weihnachtseuro“ direkt an Hilfesuchende weiterleiten. „Gerade in der Zeit vor Weihnachten können unsere Klienten ein wenig Bargeld gut gebrauchen, um zum Beispiel selbst jemandem ein Geschenk zu machen oder sich warme Kleidung für die kalte Jahreszeit zu kaufen“, erzählt Lea Robben vom Team der Wohnungslosenhilfe. Sie betont: „Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich die ohnehin prekäre Lebenslage vieler Menschen verschlechtert. In diesem Jahr kam zusätzlich die Energiekrise hinzu. Lebensmittel werden deutlich teurer, Tafeln sind überlastet. Immer mehr Menschen rutschen in die Armut.“
Weitere Infos
- Detaillierte Infos zur Wunschbaum-Aktion für Wohnungslose gibt es hier.
- Hier erfahren Sie mehr über die Wunschzettel-Aktion für bedürftige Familien.
- Werden Sie zum Adventsengel! Weitere Spenden-Ideen gibt es hier auf der Internetseite der Caritas!
- Auch in den Kirchengemeinden im Bistum Osnabrück gibt es Weihnachtswunsch-Aktionen: Die katholische Kirche im Artland beispielsweise sammelt Geld für Familien, die sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können. In der Pfarreiengemeinschaft Glandorf und Schwege gibt es eine Weihnachtsgeschenke-Aktion für Kinder und Jugendliche. Fragen Sie doch mal bei sich vor Ort nach! Hier finden Sie die Kontaktdaten der Kirchengemeinden im Bistum Osnabrück.
- Das Bistum Osnabrück bietet einen Wunsch-Automaten zum Ausleihen an. Wie das mit dem Wünsch-o-mat funktioniert, dazu gibt es hier und hier weitere Informationen.
Das kann auch Maria Schürmann bestätigen. Sie arbeitet bei der Caritas-Beratungsstelle in Sögel und hat auf Initiative der Kolpingfamilie Börger gemeinsam mit ihrem Team eine Wunschzettel-Aktion für Familien organisiert. Wünsche äußern können Eltern, die Sozialleistungen beziehen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen oder unverschuldet in Not geraten sind. Und von denen gibt es dieses Jahr deutlich mehr: „Ich hatte schon viele Anrufe von Leuten, die lange nicht bei uns waren, die Arbeit hatten, die aber durch Corona und die gestiegenen Lebenshaltungskosten jetzt wieder zurück gefallen sind in eine Situation, in der sie Unterstützung brauchen“, erzählt Schürmann.
Schon über 40 Familien haben Wünsche eingereicht, die Aktion musste sogar verlängert werden, weil es so viele Anfragen gab und damit auch Geflüchtete in der Region mit bedacht werden konnten. „Was die Leute sich wünschen, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert“, berichtet Schürmann, die die Aktion bereits zum fünften Mal begleitet. Die Tendenz gehe zu praktischen Dingen, die im Alltag gebraucht würden, zum Beispiel Jacken oder Turnschuhe. „Natürlich gibt es für so etwas auch ein Soziales Kaufhaus, aber ich habe jetzt häufiger den Wunsch gehört, mal ein ganz neues Paar Schuhe zu bekommen – nicht von einer teuren Marke, einfach ein Paar, das vorher noch niemand getragen hat“, erläutert die Beraterin. Darüber hinaus gibt es auch viele Wünsche für Geschenke für Kinder, Spielzeug oder auch mal Kopfhörer fürs Handy für einen Jugendlichen, dessen Eltern sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können
„Wir möchten dazu einladen, nicht wegzuschauen, sondern mit einer kleinen Geste der Solidarität zu helfen“, sagt Schürmann. Die gesammelten Wunschzettel sind noch bis Mitte Dezember am Weihnachtsbaum der St.-Jodocus-Kirche in Börger angebracht. Wer einen Wunsch erfüllen will, kann einen der Zettel mitnehmen und samt Geschenk im Pfarrheim Börger abgeben. Schürmann ist optimistisch, dass das klappt: Es gebe viele Menschen, die Wünsche erfüllen möchten und die teilweise schon Anfang November in der Beratungsstelle nachfragten, wann die Aktion starte. „Mir geht es so gut, da will ich auch etwas Gutes tun“ – den Satz hört Schürmann oft in diesem Zusammenhang. Sie ist dankbar für das große Engagement bei den Spenderinnen und Spendern, aber auch für die Zusammenarbeit mit der Kolpingsfamilie, der Tafel und weiteren Ehrenamtlichen vor Ort.
Dankbarkeit ist auch bei Lea Robben in der Wohnungslosenhilfe ein großes Thema: „Viele Beschenkte waren im vergangenen Jahr sehr berührt, dass völlig unbekannte Menschen ihnen zu Weihnachten ein wenig Freude in den Lebensalltag gebracht haben“, erinnert sie sich. „So was gibt den Leuten in der allgemein schwierigen Situation mit persönlichen Krisen, Einsamkeit, existentieller Not und großer Unsicherheit in der gesamten Gesellschaft ein kleines Zeichen der Hoffnung.“