Von Scho-ka-kola und kalten Füßen

Kind, das mit einem Fernglas Ausschau hält
Bild: pixabay.com, Luisella Planeta Leoni

In jener Zeit, sprach Jesus zu seinen Jüngern: Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.
Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam!
Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Markus 13, 33-37

Mein Vater war Soldat im Zweiten Weltkrieg. Schön war das für ihn nicht – und das hat er später auch immer wieder gesagt. Ein lästiger und unangenehmer Dienst war das Wache schieben. In der Nacht wach bleiben während die anderen schlafen. Für einen Jugendlichen (mein Vater war erst 17 Jahre alt) ist das eine körperliche Anstrengung. Einziger Trost während dieser Stunden war die Dose Scho-ka-kola, Dosenschokolade, die es für den Wacheschiebenden als Extraration gab.

„Seid wachsam!“ Für einen Soldaten war das eine Aufforderung, die lebensgefährlich sein konnte, denn einzuschlafen wurde unnachgiebig mit dem Tode bestraft.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

Haben Sie eine Frage? Oder eine ganz andere Idee zum Thema?

Dann schreiben Sie uns!
An bibelfenster@bistum-os.de

Am Beginn des Advents wird der Kirche und auch uns dieser Auftrag (oder Befehl?) neu zu Ohren gebracht. „Seid wachsam!“ Wachsam zu sein ist etwas anderes als das, was derzeit gerne unter dem Begriff der „Achtsamkeit“ zusammengefasst wird. Wachsam sein, das bedeutet: sich einzig und allein auf eine mögliche Störung auszurichten. Es gilt, sich zu konzentrieren und alles auszublenden, was diese Fokussierung verhindert. Wer Wache schiebt, muss sich bewusst sein, dass da wer kommt … Und wenn sich da einer zeigt, dann ist es zu spät, um es zu verhindern. Dann muss Alarm geschlagen werden.

Im Winter Wache zu stehen, lässt die Füße kalt werden. Auch im übertragenen Sinn. Der Advent kann eine Situation werden, welche mich mit meiner Angst konfrontiert – vor dem Dunklen und vor dem Unbekannten in mir oder vor dem Neuen, das da auf mich zukommen will.

Die vier Wochen des Advents sind eine Chance, in welcher der wachsame Blick der Kirche und der zu ihr gehörenden Menschen konzentriert nach innen wandern kann. Jedem sei in diesen Tagen eine heimelige Gemütlichkeit mit Tannengrün und Räuchermännchen gegönnt. Aber es geht nicht darum, auf’s Christkind am Heiligen Abend zu warten, sondern sich vorzubereiten auf die Geburt Gottes in mir selber. Das ist das eigentliche Ziel, und nicht ein historisierendes Krippenspiel!

Darum gibt es dann viele süße Sachen: Dominosteine, Lebkuchen, Marzipan und Plätzchen. Ja, Zucker hält wach. Von daher soll ruhig zugelangt werden! Wer auf Wache steht, darf was für sein Wachbleiben tun. Aber er muss auch seinen Auftrag erfüllen. Doch wenn man es ganz genau nimmt, gibt es nichts mehr zu bewachen: Es gilt, jetzt laut Alarm zu schlagen, denn der Erwartete ist doch lange schon unter uns und vor allem: er ist bereits in uns angekommen. Alarm!

Pastor Michael Lier
Pfarreiengemeinschaft Aschendorf – Rhede