Wachsam für das Unerwartete

Schneemann
Bild: AdobeStock.com, Ivan Kmit

Gebt Acht und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug die Vollmacht seinen Knechten, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Markus 13, 33–37

„Erwarte nichts …“

… sagte man mir vor Kurzem. „Schade. Warum nicht? Wie trostlos!“ – schoss es mir spontan durch den Kopf. „Erwarte nichts, dann wirst du auch nicht enttäuscht.“ Ja, mag sein, aber wahrscheinlich auch nicht überrascht.

Ich ahne, was sie meinen und trotzdem kann ich diesem Apell erstmal nicht viel abgewinnen. Ich erwarte schon – Verlässlichkeit, Achtung vor dem Leben, Respekt … und manchmal auch doch ein „Danke“ im beruflichen Kontext oder eine Aufmerksamkeit zum Hochzeitstag.

Drücken Erwartungen nicht auch gute Gewohnheiten aus, eine Vergewisserung wie wir miteinander umgehen wollen oder sollten? So etwas Gutes, Verlässliches, Gewohntes, eben: Erwartbares. Das ist doch hilfreich in unsicherer Zeit.

Wenn Erwartung die eine Seite der Medaille ist, ist dann Sehnsucht die andere?

Das Bibelfenster

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Dann ist „erwarte nichts“ doch ein Schlüssel. Er schließt die Tür auf zu Unabhängigkeit, Freiheit, Selbststand, Stabilität, zu Ruhe und Frieden mit sich. Und es hindert mich ja nichts und niemand daran, die wunderbare Überraschung oder der unerwartete „Aha-Moment“ für andere zu sein. Im Gegenteil.

Mit diesem Sonntag beginnt die Adventszeit – die erste (Er)wartungszeit des Kirchenjahres.

Ok, ich versuche es: Ich erwarte nichts – nicht von mir, nicht vom anderen, nicht von der Politik, nicht vom Job, nicht von Gott …

Aber ich werde wachsam sein – wie Jesus es seinen Freund*innen im Evangelium geraten hat.

Wachsam für das Unerwartete!
Wachsam für das Glitzern in den Augen!
Wachsam für das Gespräch, was sich jetzt Raum nimmt!
Wachsam für ein gutes Wort und eine gute Gelegenheit!
Wachsam für ein Wunder, mit dem kein*r je gerechnet hat!

Vera Jansen