Was Reichstag und Weihnachtsgeschenke gemeinsam haben
Nein, ich frage Sie jetzt nicht, ob Sie schon alle Weihnachtsgeschenke beisammen haben. Das wäre langweilig. Die Frage stellt schließlich fast jeder in diesen Tagen. Meine Frage heißt: Haben Sie Ihr Geschenkpapier schon gekauft? Denn kurz vor Weihnachten, da werden Sie auch kein schönes Geschenkpapier mehr finden, genauso wenig wie einen perfekten Weihnachtsbaum oder einen Parkplatz in der Innenstadt. Und Geschenkpapier muss sein!
Irgendwann fragte ich mich einmal: Warum eigentlich? Ökologisch gesehen ist es eigentlich ziemlich sinnlos, etwas mühevoll einzupacken, nur damit der andere diese Verpackung gerade wieder wegreißt und sie auf einem Berg Müll landet. Aber – ich konnte mich, allen rationalen Überlegungen zum Trotz, nicht dafür entscheiden, ein Geschenk unverpackt zu übergeben. Dafür mag ich diesen Moment der Verzauberung viel zu sehr.
Ich genieße es, wenn ich das Geschenk einpacke – ich stelle mir das Gesicht des Beschenkten vor – und was er wohl dazu sagen wird, wenn er es auspackt.
Und ich lasse mich auch gerne selbst verzaubern. Ich halte gerne ein Päckchen in der Hand, überlege, was wohl drin sein mag – und genieße den Moment der Spannung, wenn ich den Knoten aufzufieseln versuche, das Papier vorsichtig entferne …
Wie langweilig, wenn ich auf den ersten Blick sehe, was mir geschenkt wird, wenn der Moment der Spannung wegfällt, die Frage, was sich hinter der Umhüllung verbirgt. Ich kann gut damit, wenn jemand einen Gutschein oder Geld schenkt – aber es ist doch ein bisschen profan, wenn es einfach so übergeben wird. Nett eingepackt, ein bisschen Liebe drumherum – ja, da wird aus etwas Zweckmäßigem, Funktionalem ein Geschenk.
Über die Autorin
Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!
Die Verpackung ist das Überflüssige, das, was wir gerade deshalb brauchen, weil wir es eigentlich nicht brauchen. Es entzieht das Wesentliche unserem Blick – und macht gerade deshalb neugierig.
Und genau das könnten wir von dem Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude und ihren Verhüllungsaktionen des Berliner Reichstages oder des Arc de Triomphe lernen: Das, was verhüllt ist, macht (neu) neugierig.
Übrigens: falls Sie wirklich ökologische Probleme haben sollten – man kann Geschenke zum Beispiel durchaus in Küchenhandtücher verpacken. Oder, wenn es denn sein muss, auch in alte Zeitungen.
Aber – verpacken Sie sie!
Damit ein wenig Zauber in unserer rationalen Welt noch übrig bleibt.
Wie recht sie haben. !!!
Danke schön für die Rückmeldung!
Ihnen ein gutes Zugehen auf Weihnachten hin und gesegnete Tage!
Herzlichst, Andrea Schwarz
Ja, Sie haben recht.
Die Verpackung macht neugierig- vielleicht finden wir beim Auspacken wieder zu der Entdeckerfreude unserer Kindheit?
Als Mutter zweier Kinder, die gerne malten, habe ich die Bilder der Kleinen als Verpackungspapier genutzt. Auch aus Reststoffen nähte ich Verpackungstücher. Heute nehme ab und zu ein Halstuch und verpacke darin Geschenke. Auch Küchentücher erfreuen sich großer Beliebtheit.
Und bei mir bleibt die Freude- wie Sie beschrieben haben- individuell an den Beschenkten gedacht zu haben, mir Zeit genommen zu haben… Also eigentlich doppelte Freude erfahren.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung! Und die Idee mit den gemalten Bildern Ihrer Kinder finde ich sehr schön! Danke dafür!
Mit herzlichen Grüßen,
Andrea Schwarz