Klar wie Kloßbrühe
Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes zu sich und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!
Matthäus 17,1-9
Das Fest „Verklärung des Herrn“ begehen am 6. August: Für mich ist das Wort „Verklärung“ dabei so klar wie Kloßbrühe. Allerdings ist in meiner Wahrnehmung Kloßbrühe gar nicht so klar, wie es die Redewendung vermuten lässt. Das Mitkochen von Klößen führt doch dazu, dass die eigentlich klare Brühe etwas trüb wird. In vergleichbarer Weise trübt für mich das Wort „Verklärung“ die Bedeutung des Herrenfestes. Woran denken Sie bei Verklärung? Ich denke als erstes an verklärte Blicke, an Beschönigung, daran, dass jemand eben nicht klarsieht. Ich denke an romantisch-religiöse Darstellungen im Nazarener-Stil. Das hat jedoch so gar nichts mit dem Festinhalt „Verklärung des Herrn“ zu tun.
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Spannend finde ich, dass die Herleitung der Redewendung viel deutlicher mit der Bedeutung Verklärung zu tun hat: Ursprünglich sagte man „klar wie Klostersuppe“. Klostersuppe bezeichnete eine klare, dünne Gemüsebrühe ohne Einlage, so dass man bis auf den Schüsselboden schauen konnte. Den Blick auf den Schüsselboden Jesu gewährt das Ereignis, das im Festevangelium beschrieben und im Deutschen mit Verklärung bezeichnet wird: Jesu Erscheinung verändert sich, sein Gesicht leuchtet wie die Sonne, sein Gewand ist weiß wie Licht, er unterhält sich mit bedeuteten Persönlichkeiten der Geschichte Israels – mit Mose als dem Vermittler der Tora und mit Elija, dem ersten (Dtn 18,15) und letzten (Mal 2,23) Propheten. Die Stimme aus der Wolke klärt uns zusätzlich auf: Jesus ist nicht einfach ein normaler Mensch, auch nicht nur ein Prophet. Er ist vielmehr eben der Sohn Gottes, dessen Wort uns Lebensweisung, Trost, Ermutigung – Evangelium – ist. Ganz folgerichtig fürchten sich die begleitenden Jünger als Zeichen der Erkenntnis, dass Gott in diesem Moment ganz gegenwärtig ist. Sie werden von Ehrfurcht ergriffen, weil sie begreifen.
Das ist nichts, was sich festhalten lässt – Hütten zu bauen, also eine dumme Idee. Solche Erkenntnisse sind in der Regel rar gesät. Meiner Erfahrung nach oft nur Augenblicke, die wie Schmetterlinge davon flattern und nur als Momentaufnahme im Herzensgedächtnis haften bleiben.
Übrigens kann das Wort „Verklärung“ auch die Bedeutung Verwandlung/Verherrlichung haben, so meine Recherche im Internet. Das hatte ich bisher nicht mitgehört, dabei ist das doch klar wie Kloßbrühe, oder?
Pastoralreferentin Inga Schmitt