Was, wenn die Taube eine Wildgans wäre?

zwei wildgänse
Bild: unsplash.com, Vincent van Zalinge

Pfingsten  – das ist wohl das kirchliche Hochfest, mit dem wir uns am schwersten tun. Weihnachten – ein Kind kommt zur Welt – okay, das kennt man irgendwie. Ostern – da stirbt einer und steht auf – schon etwas schwieriger – was, bitte schön, ist Auferstehung? Und jetzt Pfingsten und Heiliger Geist … was um alles in der Welt feiern wir da eigentlich?

Der Heilige Geist – schwer zu fassen, schwer zu beschreiben. Und so haben die Christen immer schon in Bildern und lyrischen Worten versucht, etwas von seinem Wesen und seiner Wirkung auszudrücken: Tröster, Beistand, Freund, Feuerzungen, Sturm, Durcheinander-Wirbler, Atem Gottes oder auch die Taube. Dieses Bild bezieht sich auf die Taufe Jesu im Jordan, bei der der Geist Gottes in Gestalt einer Taube auf Jesus herab kommt …

Aber Bilder und was Menschen damit verbinden – das kann sich ändern. Tauben – sie sind für uns heute, vor allem in den Großstädten, eher eine Plage, die man bekämpfen muss. Sie verschmutzen alles, vermehren sich, machen Krach – der Heilige Geist als Taube??? Das Bild ist schwierig geworden.

Was aber, wenn der Heilige Geist wie eine Wildgans wäre? Das lässt mich aufhorchen. Die mag ich. Die wecken eine Sehnsucht in mir, wenn sie im Frühjahr und im Herbst über das Emsland hinweg ziehen. Und tatsächlich findet man in einigen Veröffentlichungen und auch im Internet immer wieder die Aussage, dass in der frühen keltisch-christlichen Spiritualität die Wildgans das Symbol für den Heiligen Geist war anstatt der Taube. Allerdings lässt sich dafür kein offizieller Beleg finden, und so muss die Frage offenbleiben, ob es wirklich so war.

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Tatsache ist, dass George MacLeod, der Gründer der Iona Community in Nordschottland, als Logo für seine Gemeinschaft die Wildgans gewählt hat. Es ist eine ökumenische Gemeinschaft, deren Mitglieder versuchen, ein Christentum zu leben, das auch eine Mitverantwortung für Umwelt und Gesellschaft einschließt – und sich durchaus vom frühen keltischen Christentum inspirieren lässt. Das entsprechende Motto der Gemeinschaft dazu lautet: „Immer unterwegs, niemals gezähmt, in einer Ordnung zusammenfliegend, anstößig für die festen Siedler, eine Inspiration für unruhige Geister.“ Vielleicht keine schlechte Beschreibung für den Heiligen Geist …

Wildgänse
gemeinsam unterwegs
der Sehnsucht folgen
sich dem Wind geben
die Sterne als Freund

miteinander verbunden
entschieden sein
und dahin ziehen
wo Leben möglich ist

Verantwortung übernehmen
Rastplätze aufsuchen
das Ziel im Blick haben
unterwegs mit leichtem Gepäck

getragen und gehalten
und doch
wild und ungezähmt

und frei!

Geist Gottes – Freiheit – Wildgans, so eine Verbindung legt sich fast nahe. Der Heilige Geist ist frei – niemand kann ihn zu etwas zwingen. Und deshalb lässt er sich auch nicht zähmen, unter Kontrolle bringen, in eine Schublade packen. Er ist Bewegung und will in Bewegung bringen. Er zieht dorthin, wo das Leben ist – gezogen, getrieben von einer Sehnsucht, einem Ruf. Genau das macht ihn interessant für alle diejenigen, die sich nicht zufrieden geben mit dem, was ist – und suspekt für alle, die es gerne so hätten, wie es schon immer war.

Der Heilige Geist und Freiheit passen gut zusammen. Und wenn man genau das bei den Wildgänsen wiederfindet – warum nicht?

 

 

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