Wegbereiter des Herrn

Mann wandert durch Wüste
Bild: unsplash.com, Moon

Zur Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester namens Zacharias, der zur Priesterklasse Abija gehörte. Seine Frau stammte aus dem Geschlecht Aarons; sie hieß Elisabet. Beide lebten so, wie es in den Augen Gottes recht ist, und hielten sich in allem streng an die Gebote und Vorschriften des Herrn. Sie hatten keine Kinder, denn Elisabet war unfruchtbar, und beide waren schon in vorgerücktem Alter. Eines Tages, als seine Priesterklasse wieder an der Reihe war und er beim Gottesdienst mitzuwirken hatte, wurde, wie nach der Priesterordnung üblich, das Los geworfen, und Zacharias fiel die Aufgabe zu, im Tempel des Herrn das Rauchopfer darzubringen. Während er nun zur festgelegten Zeit das Opfer darbrachte, stand das ganze Volk draußen und betete. Da erschien dem Zacharias ein Engel des Herrn; er stand auf der rechten Seite des Rauchopferaltars. Als Zacharias ihn sah, erschrak er, und es befiel ihn Furcht. Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben. Große Freude wird dich erfüllen, und auch viele andere werden sich über seine Geburt freuen. Denn er wird groß sein vor dem Herrn. Wein und andere berauschende Getränke wird er nicht trinken, und schon im Mutterleib wird er vom Heiligen Geist erfüllt sein. Viele Israeliten wird er zum Herrn, ihrem Gott, bekehren. Er wird mit dem Geist und mit der Kraft des Elija dem Herrn vorangehen, um das Herz der Väter wieder den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Gerechtigkeit zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen.

Lukas 1,5-17

 

Wir feiern an diesem Sonntag das Hochfest der Geburt des Heiligen Johannes.

Schon vor der Geburt des Kindes wird deutlich, dass Gott große Pläne mit ihm hat: Johannes „wird groß sein vor dem Herrn“ (Lukas 1,15) und er soll „das Volk für den Herrn bereit“ (Lukas 1,17) machen. Johannes wird also ein sehr besonderer Mensch werden. Aber einen kleinen Haken scheint die Sache zu haben: Johannes ist der Wegbereiter des Herrn – definitiv eine Schlüsselfigur und doch ist von vornherein klar, dass da einer kommt, der eben größer und wichtiger ist. Auch wenn Johannes also durchaus ein notwendiger Wegbereiter ist, wird er immer maximal die zweite Geige spielen. Ist das nicht frustrierend? In unserer Gesellschaft zählt doch eigentlich nur höher, schneller, weiter, erster … (Keine der Fußballmannschaften ist zur WM nach Russland gefahren, um Zweiter zu werden!)

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

Haben Sie eine Frage? Oder eine ganz andere Idee zum Thema?

Dann schreiben Sie uns!
An bibelfenster@bistum-os.de

Johannes scheint aber gar kein Problem damit zu haben. Er weiß, welchen Stellenwert Jesus hat, und kann das nicht nur gut ertragen, sondern verheißt und verkündet es den Leuten, die zu ihm kommen, sogar: „Ich taufe euch mit Wasser zur Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Sandalen auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ (Matthäus 3,11).

Vielleicht weiß Johannes, dass auch die erste Geige nur dann ihren ganzen Klang entfalten kann, wenn sie in Harmonie mit der zweiten Geige zu hören ist … Auf jeden Fall finde ich diese durchaus demütige Haltung beneidenswert. Ich bin natürlich nicht Johannes und habe keine große Prophezeiung für mich oder mein Leben. Ich bin nur ein „normaler“ Mensch. Aber manchmal, wenn ich zu zielstrebig werde, mich mein Perfektionismus und das Gefühl, doch irgendwie jemand Großes, Besonderes sein zu müssen, überfordern, dann tut es gut, mich entspannt zurück zu lehnen, an Gott zu denken und mich darüber zu freuen, dass ich nicht optimal oder perfekt sein muss, denn das ist einzig Gott allein.

Pastoralreferentin Eva Schumacher