Wo ist die frohe Botschaft?

Kerzenschein
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In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen. Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! (…) Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine. Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

Matthäus 25, 14-21.24-30

Ehrlich gesagt: mit den Gleichnissen dieser Tage tue ich mich schwer. Vor allem mit dem unbarmherzigen Ausgang der Erzählungen. Ist das noch eine Frohe Botschaft?

Am vergangenen Sonntag war da die Erzählung von den klugen und den törichten jungen Frauen (Mt 25,1-13). Wir könnten statt „klug“ und „töricht“ auch sagen: von den gut vorbereiteten und den unvorbereiteten Frauen. Sie warten bis in den späten Abend auf den Bräutigam, um mit ihm zur Hochzeitsfeier – in das Reich Gottes – zu gelangen. Sie haben Lampen oder Fackeln dabei, die mit Öl befeuert werden. In der Heiligen Schrift ist das oft eine bildhafte Beschreibung für ein Leben nach den Geboten und für gute Werke: „Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte und ein Licht für meine Pfade.“ (Psalm 119,105)

Die törichten jungen Frauen haben aber nicht genug Öl dabei; die klugen Frauen wollen oder können nicht mit ihnen teilen, weil es sonst für alle nicht reicht; so stehen die unvorbereiteten jungen Frauen im wahren Sinn des Wortes im Dunkeln. Sie kommen zu spät zur Hochzeitsfeier, stehen vor verschlossener Türe und rufen. „Herr, Herr, mach uns auf!“ Und dann folgt dieser harte Schluss: „Ich kenne euch nicht!“ Ausschluss statt Tanz und Freude!

Und an diesem Sonntag das Gleichnis von den anvertrauten Talenten. Da lobt der Geldgeber im Gleichnis diejenigen, die in seiner Abwesenheit sein Vermögen vermehrt haben. Zuletzt beschimpft er einen anderen als faulen und schlechten Diener, weil er das anvertraute Geld gar nicht erst angelegt hat. Auch hier findet sich also der Bezug auf alle, die es nicht schaffen, rechtschaffen zu handeln. Die ihre Talente ängstlich vergraben, anstatt sich im Leben zu bewähren. Und dann wieder dieser harte, ja erschreckende Schluss: „Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.“

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Wie gesagt: Ich tue mich schwer! Ich würde deshalb dem Evangelisten Matthäus gern einige Fragen stellen: Müsste nicht dem sehnsüchtigen Bitten der „törichten“ Frauen vor verschlossener Tür das Jesus Wort antworten: „Bittet und es wird euch gegeben. Sucht und ihr werdet finden. Klopft an und es wird euch geöffnet. (Mt. 7,8 und Lk 11,10) Und müsste dem Lob für die erfolgreichen antiken Anlageberater nicht das Jesus Wort folgen: „Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.“ (Lk 12,15). Und nicht zuletzt wollte ich Matthäus fragen, ob eigentlich in seiner Überlieferung dieser Gleichnisse Gottes Liebe noch das letzte Wort hat?

Vielleicht würde mir Matthäus antworten: Eine so selbstverständliche Annahme der Liebe Gottes kann den Menschen auch dazu verleiten, diese Liebe ins Kalkül der eigenen Rechnungen einzubauen und so Gott nicht wirklich ernst zu nehmen. Nicht auf die Berufung kommt es an, so lese ich bei dem 2019 verstorbenen Schweizer Theologen Ulrich Luz, sondern auf ihre Bewährung, nicht auf die Lampe, sondern auf das Öl, nicht auf die Zugehörigkeit zur Gemeinde, sondern auf die Taten.

Damit kann ich doch was anfangen …

Gerrit Schulte, Diakon