Die Hoffnung fährt mit

Segelboot auf dem Wasser
Bild: unsplash.com, Michael Henry

An jenem Tag, als es Abend geworden war, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; und andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen. Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?

Markus 4,35-41

Beeindruckt hat mich in den vergangenen Wochen die Rede unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Eröffnungsveranstaltung des Katholikentages in Erfurt. Er wies auf das politische und gesellschaftliche Engagement der Katholik*innen in Geschichte und Gegenwart hin und auf ihre Bedeutung für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Dass die katholische Kirche heute massiv an gesellschaftlicher Bedeutung und Relevanz verliert, was zum Teil auch selbstverschuldet ist, schmerzt ihn. Gerade in diesen Krisenzeiten, in denen eine Gesellschaft ins Taumeln gerät, verunsichert ist, der extreme, völkisch-nationale Rand größer wird und Perspektiven fehlen, braucht es Orte und Räume, die Quellen der Stärkung, des Aufatmens, der Ermutigung und Hoffnung sind. Die Kirchen mit ihrer jesuanischen Botschaft der Nächstenliebe und mit ihren Hoffnungs- und Ermutigungserzählungen sind für Steinmeier solche Orte.

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Die biblische Erzählung von der Stilllegung des Sturms ist so eine Hoffnungserzählung. Die Jünger*innen sind ängstlich und gelähmt durch den Sturm, der tobt. Womöglich haben sie keine Hoffnung mehr, das rettende Ufer zu erreichen. Dem Untergang geweiht.

Ist dieses alte Bild nicht auch ein Bild für unsere heutige Krisenzeit und unsere Reaktionen darauf?

Aber in dieser biblischen Erzählung ist die Hoffnung gegenwärtig. Sie ist mit den Jünger*innen im Boot. Sie ist der Ruhepol in all dem Taumel und der Hysterie. Sie ist der Standort, von dem aus neue Perspektiven möglich werden, weil die Angst weicht und Zuversicht wächst. „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Habt ihr keine Hoffnung mehr?

Wir Christ*innen sollten gerade mit dem Blick auf Jesus Träger*innen einer Hoffnung sein. Einer Hoffnung, die uns sagt, es macht Sinn, was wir tun: uns gegen die Ängste zu stellen, aufstehen gegen Verzweiflung und Tod, aufstehen für das Leben und den Glauben daran.

Und wir Christ*innen glauben, dass wir da mit einem im Boot sind, der uns verheißt, dass diese Hoffnung nicht enttäuscht wird.

Hermann Steinkamp