10 Jahre Interreligiöse Domführungen
Am 17. Oktober 2009 fiel der Startschuss zu den Interreligiösen Domführungen. Sie widmen sich speziell den Gemeinsamkeiten von Christentum und Islam. Das Besondere an dem in der Form einmaligen Konzept ist die Zusammenarbeit mit der Ibrahim-al-Khalil-Moschee, die bis heute andauert.
Die Teilnehmer an Domführungen sind so unterschiedlich wie ihre Interessen. Längst nicht für alle ist die Kathedrale in erster Linie ein religiöser Ort, immer weniger Besuchern ist diese Tatsache überhaupt bewusst. Der Dom – das ist Kulturgut, ein historischer Raum, in dem Geschichte atmet. Und nicht zuletzt ein Lernort. So ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein wichtiger Baustein der Vermittlungsarbeit im und am Dom. Wer etwas über Osnabrück lernen möchte, kommt am Dom nicht vorbei.
In den Schulen zeigt sich die ganze Vielfalt unserer Gesellschaft, religiöse Pluralität miteingeschlossen. Und so kamen vor über zehn Jahren für junge muslimische Besucher Fragen auf: In die Kirche gehen, darf ich das? Komme ich da auch wirklich so hinaus, wie ich hinein gegangen bin? Manche entschieden sich gegen das Betreten des Gotteshauses – vorsichtshalber – und warteten vor der Tür. Andere nahmen gar nicht erst am Ausflug teil, weil die Eltern ihre Erlaubnis dazu nicht gaben. Zu groß war offenbar die Angst vor dem Unbekannten.
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Fest stand schnell: Die üblichen Führungen durch den Dom beantworten diese Fragen nicht. Ein neues Konzept musste her, dass die beiden Religionen in den Mittelpunkt stellt und zwar anschaulich anhand der jeweiligen Gotteshäuser. Es geht um Gemeinsamkeiten, die offensichtlich sind, wie etwa das Versammeln zum Gebet, die Rolle der Predigt, aber auch dem Streben, dem jeweiligen Gotteshaus eine Richtung zu geben – nach Osten im Dom, nach Mekka in der Moschee. Genauso geht es aber auch um Unterschiede. Um Sakramente, wie die Taufe zum Beispiel, die der Islam nicht kennt und das Verständnis der Kreuzigung – an dem sich Christen und Muslime grundsätzlich scheiden. Aber es geht eben auch nicht darum, Dinge gleich zu machen, die nicht gleich sind. Verschiedenheit ist eine Stärke, die von Toleranz und gegenseitigem Respekt lebt. Beides zu erleben und selbst einzuüben ist der Kern der Führung.
Darum ist die interreligiöse Führung auch kein klassisches Format. Sie lebt vom Gespräch. Lebendiger Ausdruck davon ist die Tatsache, dass sie immer im Tandem durchgeführt wird. Die Domführerin bzw. der Domführer hat eine Fachfrau an der Seite und das ist seit zehn Jahren Dua Zeitun von der Ibrahim al-Khalil-Moschee. Die zukünftige Theologin erzählt fachlich fundiert aber eben auch lebensnah aus ihrem Glauben. Sie ist mit vollem Herzen Muslimin und steht mit beiden Beinen fest im Leben. Für sie gibt es keine dummen Fragen und keine Tabuthemen. Wenn es nach der Domführung in die nahe gelegene Moschee geht, um die Grundlagen des Islam zu besprechen, geht es zum Abschluss manchmal hoch her. Warum beten Frauen nicht Seite an Seite mit den Männern? Was soll das mit dem Kopftuch? Was hat es auf sich mit den Gräueltaten im Namen der Religion? Dua Zeitun nimmt alle Fragen ernst und beantwortet sie geduldig. Dabei unterscheidet sie genau, was theologisch begründet ist – und was eben nicht. Und Gewalt darf es auch im Islam nicht geben.
Bis heute haben über 6.000 vorwiegend junge Menschen den Dom im Rahmen der Interreligiösen Führung besucht und im Anschluss die Ibrahim-al-Khalil-Moschee kennengelernt. Sie waren neugierig und kritisch und haben mit- und voneinander gelernt. Das macht Hoffnung und Mut und ist allemal ein guter Grund, mit dem Konzept in die Zukunft zu starten. Hoffentlich weitere zehn Jahre!
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