19. Dezember 2020

Eine Marienfigur: Maria schaut nach unten, sie trägt ein weißes Gewand. ,
Gesicht und Augen spiegeln Zärtlichkeit und tiefe Empfindsamkeit: Die Maria aus der Wachskrippe von Simpelveld Bild: Diözesanmuseum

Krippenfiguren: Maria

Zutiefst berührt – so wirkt das Gesicht, das die/der Künstler*in dieser fast mädchenhaften Marienfigur gegeben hat. Nicht nur mit den Augen, mit ihrer ganzen Haltung, mit ihrem ganzen Wesen blickt Maria auf etwas, das sie nicht mehr loslässt. Es ist vermutlich der Blick in die Krippe, der Blick auf ihr Neugeborenes, das klein, verletzbar und schutzbedürftig vor ihren Augen liegt.

Ihr Gesicht und ihre Augen spiegeln sowohl Zärtlichkeit und eine tiefe Empfindsamkeit, aber auch Sorge und vielleicht auch die Vorahnung auf das, was diesem Menschenkind in seinem Leben noch widerfahren wird. Es ist als sähen wir in diesem Gesicht schon den Anblick der späteren Maria, wie sie den geschundenen Körper ihres Sohnes in den Händen hält.

Marias Blick geht tiefer. Er erkennt die tiefe Verletzbarkeit der Schöpfung, des menschlichen Lebens. Und gleichzeitig signalisiert der Blick: Hab keine Angst, ich sehe deine Zerbrechlichkeit, ich bin an deiner Seite. In Jesus wird Gott Mensch. In Maria wird der Mensch dem Menschen zum Mensch nach Gottes Bilde.

Die Krippenausstellung im Diözesanmuseum kann in diesem Jahr nicht in gewohnter Weise stattfinden, sondern wird – wie so vieles – online präsentiert. Viele haben 2020 das Internet neu kennengelernt. Neue Formate, neue Räume, neue Möglichkeiten. Manchmal die einzigen, die noch blieben, wenn man in den Austausch kommen wollte.

„Das Internet“ kann viel und ist ein guter Partner. Begegnung ersetzt es aber nicht. Nicht nur Begegnung zwischen Menschen, sondern auch mit den Stücken aus dem Diözesanmuseum. Umso schöner ist es, das Hauptstück der Krippenausstellung, die große Wachskrippe aus Simpelveld, in einem der Schaufenster des Forums am Dom zeigen zu können. Sie lädt ein, auch und gerade in diesen schwierigen Tagen, inne zu halten und Pause zu machen.

Die Krippe entstand im ehemaligen Mutterhaus der Schwestern zum armen Kinde Jesu im holländischen Simpelveld. Neben dem Betrieb von mehreren Schulen und Waisenhäusern unterhielten die Schwestern auch eine Wachswerkstatt, in der zunächst vor allem Jesuskinder entstanden, später dann weitere Figuren. Aus dieser Werkstatt stammt auch die Krippe im Fenster des Forums, die dem Verein der Krippenfreunde in diesem Jahr überlassen wurde.

Die Schwestern durchlebten bewegte Zeiten. Während des sogenannten Kulturkampfes, der Auseinandersetzung des preußischen Staates mit der katholischen Kirche, mussten ihre Schulen schließen und ihre Arbeit wurde deutlich beschränkt. Sie fassten ihren Mut, gründeten neue Niederlassungen auf der ganzen Welt und bestanden auf diese Weise fort. Die letzte große Veränderung liegt nicht lang zurück: Das Mutterhaus wurde wieder an seinen Gründungsort Aachen zurückverlegt, in Simpelveld befindet sich seitdem ein Museum.

Die Krippe erinnert uns also nicht nur an die Heilige Nacht – sie kann uns auch ein Zeichen sein, nicht aufzugeben. Ein guter Gedanke in den letzten Tagen des Jahres 2020.