Seien wir solidarisch!
„Man wird uns das Brot aus dem Mund nehmen, wenn wir nicht lernen, es zu teilen.“ Dieses prophetische Wort sagte schon vor Jahrzehnten der damalige Münchener Kardinal Josef Döpfner. Dieses Wort hat uns danach in der Jugendarbeit wachgerüttelt und motiviert, den ersten Dritte-Welt-Laden in unserer Region aufzubauen. Wir wollten Solidarität verwirklichen.
In den vergangenen Wochen und Monaten fällt mir das Döpfner-Wort immer wieder ein, wenn ich die Asyldebatte verfolge. Mit neuen Grenzanlagen, mit effektiverer Seekontrolle, mit schnellerer Abschiebung und dergleichen mehr will man die Flüchtlinge auf Distanz halten. Für Christen sind alle Menschen Gottes Ebenbilder. Auch wenn im Augenblick Grenzen zwischen den Ländern wieder stärker betont werden, Christen relativieren Grenzen. Sie sind Menschen mit einer Weltperspektive.
Ich frage mich: Wo bleibt das oft beschworene christliche Abendland, wenn der Begriff „Asyl“ zu einem Schreckenswort wird, wenn der Tod von Menschen im Mittelmehr hingenommen wird und Freiwillige sich dafür rechtfertigen müssen, dass sie mit ihren Schiffen Menschenleben retten? Welche Kälte und Härte spricht aus den Debatten der vergangenen Wochen? Und dabei wird völlig vergessen, dass wir Europäer Mitverursacher der Flüchtlingsbewegungen sind. Viele staatliche Gebilde in Afrika sind durch die Kolonialzeit entstanden. Die Kolonialmächte haben dort die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Rahmenbedingungen zerstört. In der Folge kommt es bis heute auch immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen.
Über den Autor
Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.
Was ist mit der Wirtschaftspolitik der reichen Länder gegenüber den Staaten Afrikas? Ist Afrika nur ein billiger Rohstofflieferant? Wird nicht mit unserer Agrarpolitik die Landwirtschaft in Afrika torpediert? Flüchtlinge möchten ihren Anteil bekommen, den die Europäer ihnen genommen haben. Warum wird über dieses geschichtliche Erbe und die gegenwärtige Praxis nicht gesprochen?
Verfallen wir nicht der Gleichgültigkeit. Seien wir solidarisch.
Als ich 13 oder14 Jahre alt war, hat Oswald von Nelbreuning in der Aula des Gymnasiums in Nordhorn referiert. Seine Worte “ Entweder wir helfen Afrika oder Afrika kommt zu uns“ habe ich bis heute nicht vergessen. 60 Jahre spter ist es Realitaet geworden.