Anders weitergehen

Kinderstiefel balancieren auf Baumstamm
Bild: pixaby.com, Skitterphoto

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle. Sie antworteten ihm: in Betlehem in Judäa; denn so steht es geschrieben bei dem Propheten: Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach dem Kind; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige! Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Matthäus 2,1-12

Ich möchte auf ein kleines Detail dieser eindrücklichen und so oft gedeuteten und durch die Sternsinger ins Bewusstsein vieler Leute tief eingebürgerten Erzählung aufmerksam machen. „… zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land“. Als ich 1982 das erste Mal in der Grabeskirche mit einem in Israel lebenden Mitbruder den Golgothahügel bestieg und dort betete, wollte ich die gleiche Treppe wieder hinuntersteigen, die wir hinauf gestiegen waren. Da sagte mir mein Mitbruder: „Wozu ist denn da vorne die zweite Treppe da? Doch wohl auch deswegen, dass du, nachdem du dem Herrn am Kreuz begegnet bist, hoffentlich ein wenig verwandelt bist. Das ist der Sinn der Treppe, dass du ein wenig anders geworden das auch symbolisch zeigst, indem du auf einem anderen Weg wieder hinabsteigst. Auch die Heiligen Drei Könige sind auf einem anderen Weg nach Hause zurückgekehrt.“ Dieser Hinweis hat mich berührt und nie mehr losgelassen.

Der Evangelist Matthäus lässt die Heiligen Drei Könige aufgrund einer Traum-Einsicht den neuen Weg in die Heimat wählen, um so selber nicht in die Hände des gefährlichen Herodes zu geraten und auch das Kind von Bethlehem nicht an ihn auszuliefern. Aber auch die Deutung meines Mitbruders für den „anderen Weg“ ist für mich eine, die für mich einen tiefen Sinn macht und die ich von vielen Menschen bestätigt bekommen habe, die z.B. eine Wallfahrt gemacht haben und dann davon berichten, dass sie „anders“ nach Hause zurückkehrten. Sie sind zwar meistens den gleichen Weg von Compostela oder Lourdes oder Fatima oder Rom oder Assisi oder Jerusalem oder Kevelaer oder Altötting zurück gegangen oder gefahren, aber es war doch etwas mehr an Nachdenklichkeit, Beeindruckt-Sein, Dankbarkeit und Gnade neu mit auf dem Weg.

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Manchmal ist es der Besuch eines Gottesdienstes am Sonntag, der uns anders in den Alltag zurückkehren lässt, als wir hineingegangen sind. Das ist ein Wunsch von mir für Sie im neuen Jahr: ab und zu die Erfahrungen einer geschenkten Verwandlung zu machen und die gnadenreiche Kraft zu spüren, einmal wieder anders in die vertraute Alltagswelt zurückkehren zu dürfen.

Pater Franz Richardt