Aufbrechen …

ein kleiner Walnussbaum im Garten
Bild: privat

Zugegeben, wir waren vor dem Urlaub nicht mehr dazu gekommen, die Beete im Garten durchzuhacken, zu viel Anderes stand auf der To-do-Liste. Als wir dann wiederkamen, war natürlich alles kräftig gewachsen – und leicht seufzend griffen wir zu Hacke und Gartenschere. Aber an einer Stelle wuchs etwas, was irgendwie interessant und anders aussah. Eine App zur Pflanzenbestimmung half uns weiter: Das war doch tatsächlich ein kleiner, junger Walnussbaum, schon circa 20 cm hoch! Und da wir ganz sicher dort keine Walnuss vergraben haben, war wohl unser Eichhörnchen am Werk gewesen.

Und ich kam ins Nachdenken. Wie kann es sein, dass ich einen Nussknacker und ziemlich viel Kraft brauche, um eine Walnuss zu öffnen – und hier öffnet sie sich quasi von alleine? Vielleicht ist die Antwort sehr einfach: Die Natur wartet ab, bis der entsprechende Zeitpunkt da ist und die Rahmenbedingungen stimmen. Und dann kommt die Kraft zum Aufbrechen und Wachsen von innen heraus. Von der spitzen Seite der Nuss ausgehend bildet sich eine Pfahlwurzel, die sich ihre Nahrung aus dem Boden holt. Und gleichzeitig wächst ein Trieb nach oben, dem Himmel entgegen. So wird aus einer Walnuss ein Baum.

Das Aufbrechen einer Nuss kann also auf zweierlei Weise geschehen, sanft, manchmal kaum bemerkbar, aus dem Inneren heraus wachsend – oder erzwungen und gewaltsam von außen. Sie bricht auf – oder wird aufgebrochen.

Über die Autorin

Andrea Schwarz ist Schriftstellerin, war lange Jahre pastorale Mitarbeiterin im Bistum Osnabrück und lebt im Emsland. Sie ist eine genaue und sensible Beobachterin ihrer Umwelt und der Menschen, denen sie begegnet. In ihren Texten versucht sie, Gott mitten im Alltag zu entdecken und Lust aufs Leben zu machen – nun erstmals auch in Form von Blogbeiträgen!

Vielleicht passt das Bild auch auf uns Menschen? Wenn es dafür an der Zeit ist, kann der Impuls zum Aufbrechen und Wachsen von innen heraus kommen, und es geschieht dann fast wie von selbst. Es können aber auch Umstände oder Ereignisse von außen auf mich einwirken, die mir eine Veränderung aufzwingen. Die ist nicht immer gewollt, erwünscht und hilfreich, und kann sogar etwas in meinem Inneren zerstören – so wie der Nussknacker manchmal auch den Kern in der Walnuss. Wenn ein Mensch an solchen Situationen wächst, dann eher aus einem „trotzdem“ heraus, was aber entsprechend Kraft kostet. Eine Veränderung von außen nach innen zu erreichen ist schwerste Arbeit …

Vielleicht sollte man daher einfach darauf vertrauen, dass etwas, was aufbrechen soll, es auch tun wird – wenn die Zeit dafür da ist. Und groß und stark kann es dann werden, wenn es sich im Boden verwurzelt und zugleich dem Himmel entgegen wächst.

Wir haben uns entschieden, dass der kleine Walnussbaum erstmal da stehen bleiben und sich weiter entwickeln darf. Über kurz oder lang aber müssen wir einen anderen Platz für ihn finden, denn für solch einen Baum ist unser Pfarrhausgarten doch etwas zu klein.

Ach, übrigens – bis ein Nussbaum das erste Mal blüht und Frucht trägt, dauert es zehn bis fünfzehn Jahre. Wachsen braucht Zeit.

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