Aus Fehlern lernen

Zwei Menschen an einem See
Bild: unsplash.com, Aarón Blanco Tejedor

„Da habe ich mich geirrt.“ – so war kürzlich in der Wochenzeitung DIE ZEIT das Titelthema überschrieben. 20 Menschen, die in der Coronapandemie eine gesellschaftlich wichtige Rolle gespielt haben, gestanden ein, wo sie mit ihren Einschätzungen falsch lagen und was sie heute nicht mehr so machen würden. Dort waren beeindruckende Statements zu lesen. Ein offenes Sprechen über die eigene Meinungsbildung und die Weiterentwicklung von Argumenten und Sichtweisen.

„Da habe ich mich geirrt.“ – das von sich selbst sagen zu können, ist für mich ein Zeichen echter Stärke und nicht von Schwäche. Wer so redet, rechnet damit, dass niemand so perfekt ist, dass ihr oder ihm keine Fehler unterlaufen. Nicht nur gesellschaftlich, auch kirchlich ist eine solche Ehrlichkeit nicht selbstverständlich. Dabei könnte es so viel Positives in Bewegung setzen: Ich packe eine Sache an, ich bilde mir auch eine Meinung, die ich vertrete, aber ich bleibe Argumenten und Entwicklungen gegenüber offen, mich in Frage stellen zu lassen. Dabei geht es nicht so sehr um Rechthaben, sondern vielmehr um Ehrlichkeit und um das Ringen, wie es besser werden kann. Und es geht auch um das Scheitern dürfen, nicht um des Scheiterns willen, sondern darum, eine Lebenswirklichkeit nicht auszublenden, die zum Leben dazu gehört.

Biblisch gesehen ist das nichts Neues; die Evangelien erzählen immer wieder von Menschen, die zu Jesus gekommen sind und in der Begegnung mit ihm über ihr Leben sagen konnten: „Da habe ich mich geirrt.“ Jesus hat sie darin ernst genommen und sie eingeladen, aus den Fehlern zu lernen.

Über den Autor

Johannes Wübbe ist Weihbischof im Bistum Osnabrück. Auf wen er in seinem Alltag trifft und was ihn beschäftigt – in seinen Blogbeiträgen können Sie das verfolgen.

Wir reden heute viel darüber, wie die Kirche der Zukunft sein soll: Das Angebot von Raum und Begleitung, dass Menschen sich mit ihrem Leben, ihren Sichtweisen und Projekten ehrlich auseinandersetzen können, wird dabei oft genannt. Orte, an denen man dabei ehrlich zu sich und anderen sein darf und so aus seinen eigenen Fehlern lernen kann. Räume, in denen das Vertrauen in sich selbst und die (eigene) Zukunft wieder wachsen kann.

„Da habe ich mich geirrt.“ Ich wünsche uns den Mut, das immer wieder ehrlich sagen zu können.

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