Gott hat weltweit Personal

Gottesdienst
Bild: Bistum Osnabrück

Im Bistum Osnabrück gehören sie längst zum Alltag: Priester und Ordensleute aus anderen Ländern. Sie arbeiten als Seelsorger und Fachkräfte in vielen Einrichtungen und Gemeinden – auch, weil immer weniger Menschen in Deutschland sich berufen fühlen, Priester zu werden oder in einen Orden einzutreten.

„Wir brauchen Fachkräfte aus dem Ausland – auch als Kirche“, sagt Theo Paul, Generalvikar des Bistums Osnabrück. Er spielt damit auf eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung an: Nicht nur die Kirche sucht Hilfe in anderen Ländern; nahezu die gesamte deutsche Wirtschaft wird ohne Spezialisten aus dem Ausland in den kommenden Jahren nicht funktionieren können, denn die Bevölkerung in Deutschland schrumpft und ist auf Zuwanderung angewiesen.

Fahrdienst für Pater Shibu, Bild: kirchenbote.de
Hier klappt Integration: Weil es nach seiner Ankunft noch etwas dauerte, bis Pater Shibu aus Indien seinen deutschen Führerschein bekam, hatte sich in der Pfarreiengemeinschaft Bohmte/Lemförde/Hunteburg ein ehrenamtlicher Fahrdienst mit mehreren Engagierten für ihn gefunden (Bild: kirchenbote.de)

Mit dem Herzen kommunizieren

Rund 280 Priester sind im Bistum Osnabrück derzeit für mehr als 560.000 Katholiken zuständig, etwa 30 von ihnen kommen aus dem Ausland – hauptsächlich aus Indien, aber auch aus Polen, Brasilien, Benin und Haiti. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der ausländischen Priester im Bistum damit nahezu verdoppelt. Neben den Priestern arbeiten auch rund 150 überwiegend indische Ordensschwestern in verschiedenen Einrichtungen des Bistums. Viele von ihnen sind ausgebildete Krankenschwestern, die hier in Alten- und Pflegeheimen sowie in den Gemeinden helfen.
Einen kleinen Kulturschock erlebt dabei jeder, der von außen neu nach Deutschland kommt – da ist sich zumindest Pater Sibi Lukose Vallikattukuzhiyil  sicher. Seit rund 15 Jahren ist der Inder, der von allen nur Pater Lukas genannt wird, im Bistum Osnabrück tätig. Aber an seinen eigenen Kulturschockmoment erinnert er sich noch ganz genau. Es war nicht das Wetter, auch nicht das Essen: „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Kirchen so leer sind“, sagt er.

Das beschäftigt ihn und seine ausländischen Mitbrüder bis heute immer wieder, denn aus ihren Heimatländern kennen sie es anders – und doch wollen sie da wie hier das Gleiche: für die Gläubigen da sein. Das ist gerade zu Beginn oft nicht einfach, vor allem mit der Sprache. Das weiß auch Pater Lukas, und er will das Problem gar nicht schönreden: „Es ist wichtig, dass die Gemeindemitglieder uns kennenlernen und wir sie natürlich auch.“ Er spreche deswegen für die Anfangszeit gerne davon, mit dem Herzen zu kommunizieren. „Das klappt immer; dann gibt es keine Schwierigkeiten.“

Pater Lukas (Bild: kirchenbote.de)
Pater Lukas aus Indien lebt seit rund 15 Jahren in Deutschland (Bild: kirchenbote.de)

Eine Bereicherung für alle Beteiligten

Um die Sprachbarriere und den Kulturschock möglichst klein zu halten, schickt das Bistum inzwischen alle indischen Priester zu einem neunmonatigen Fortbildungskurs in Bangalore, bevor sie nach Deutschland kommen. Dort lernen sie Vokabeln und Grammatik, aber auch mehr zur Liturgie, Geschichte und Organisation der deutschen Kirche. Kommen die Priester dann nach Deutschland, werden sie zunächst in Gemeinden eingesetzt, die ein anderer Pfarrer mit ihnen gemeinsam betreut, um sie bei der Eingewöhnung zu unterstützen. Diese Phase kann bis zu drei Jahre dauern. „Wir müssen da bei jedem einzeln hingucken, was der braucht“, resümiert Domdechant Ansgar Lüttel, der als Personalreferent im Bistum für den Einsatz der Priester zuständig war.
Im inzwischen emeritierten Domkapitular Hermann Rickers haben die ausländischen Seelsorger einen Fürsprecher und festen Ansprechpartner bei Sorgen. Manchmal erlebt er, dass sich eine Gruppe in der Pfarrei sehr für den fremden Seelsorger einsetzt, manchmal hört er aber auch Kritik. Dann wünscht er sich Geduld und Empathie. „Ich freue mich, dass die Mitbrüder hier sind. Sie zeigen uns etwas von der Weltkirche“, sagt er. Dieser Aspekt begeistert auch Generalvikar Paul: „Dieses voneinander Lernen ist die Perspektive, die wir unbedingt brauchen und die eine Chance ist. Ordensleute und Priester aus dem Ausland bringen uns ja auch Dimensionen unseres christlichen Glaubens nahe, die uns vielfach verloren gegangen sind. Sie zeigen uns, dass Kirche letztlich nur über die handelnden Personen zu vermitteln ist.“ Das Miteinander in den Gemeinden laufe dabei natürlich nicht immer reibungslos, könne aber für alle Beteiligten eine Bereicherung sein.

Wie viele seiner Mitbrüder im Bistum Osnabrück gehört Pater Lukas dem Orden der „Karmeliten von der unbefleckten Jungfrau Maria“ aus dem indischen Bundesstaat Kerala an. Dort ist es nicht nur so, dass die Kirchen voller sind – die ganze gesellschaftliche Situation ist anders, berichtet er: „Eine Verabredung für ein Gespräch vor einer Taufe oder Hochzeit, um die Familie kennenzulernen, müssen wir nicht treffen –wir kennen die Leute“, sagt er. „Und wenn wir in Indien jemanden besuchen wollen, machen wir keine Termine – wir gehen einfach hin.“ Dass es in Deutschland besser sein kann, sich vorher anzumelden, so etwas lernen die ausländischen Seelsorger bei regelmäßigen Austauschtreffen, ebenso wie die Antwort auf manche kirchenrechtliche Frage, die in der Heimat keine Relevanz hat. Beispielsweise, ob jemand, der aus der Kirche ausgetreten ist, Taufpate sein darf. Diese Frage stellt sich in Indien oder Afrika nicht, denn dort tritt niemand aus der Kirche aus…