Das „Buch der Bücher“ entdecken

aufgeschlagene Bibel
Bild: Bistum Osnabrück

Die Bibel handelt von Lebens-, Glaubens- und Menschheitsthemen – das macht sie über Jahrtausende hinweg so aktuell. Diese Meinung teilt auch Uta Zwingenberger. Sie ist Diözesanbeauftrage für Biblische Bildung im Bistum Osnabrück. Im Interview erklärt sie, was sie an der Bibel so fasziniert, wie ihr die neue Einheitsübersetzung gefällt und wie man die Bibel für sich entdecken kann – auch in unserem Bistum.

In Ihrem Leben haben Sie sich schon sehr intensiv mit der Bibel beschäftigt – was fasziniert sie immer wieder aufs Neue daran?

Eben, dass ich immer wieder Neues darin entdecke. Die Bibel wird nie langweilig – natürlich, weil sie so umfangreich ist, aber auch, weil mich aufgrund meiner unterschiedlichen Tages- oder Lebenssituation plötzlich ein Text anspricht, der mir vorher nicht aufgefallen ist.

Haben Sie eine Lieblings-Bibelstelle oder ein Buch?

Das wechselt. Mein bleibender Favorit ist jedoch das Markusevangelium, weil es das kürzeste und erste Evangelium ist. Durch das „Jahr des Aufatmens“, zu dem das Bistum Osnabrück im September 2015 aufgerufen hat, ist mir das Buch Exodus nochmal nähergekommen. Momentan entdecke ich viel im Buch Deuteronomium – vielleicht starte ich damit mal ein Bistumsprojekt?

Was macht die Bibel für Sie auch heute noch so aktuell?

Uta Zwingenberger
Uta Zwingeberger ist Diözesanbeauftrage für Biblische Bildung im Bistum Osnabrück. Bild: Oliver Pracht

Die Bibel handelt von Lebens-, Glaubens- und Menschheitsthemen. Es geht um die Frage, in welcher Beziehung der Mensch zu Gott steht. Wie können wir Gesellschaft und Kirche gestalten? Wie gehen wir mit der Schöpfung um? Das sind existenzielle Fragen. Ich finde an der Bibel die Fragen spannender und wichtiger als die Antworten. Die Bibel ist immer für eine Überraschung gut. Das entdecken auch immer wieder kirchenferne Menschen. Es gibt Menschen, die sagen: „Kirche hat mich verletzt, aber das Thema Glaube lässt mich nicht los. Jetzt möchte ich mir über die Bibel selbst einen Eindruck verschaffen.“ Die Bibel ist ein Zugang auch für Menschen, die mit Kirche nichts zu tun haben wollen.

Angenommen, ich möchte die Bibel lesen – wie sollte ich anfangen?

Für Anfänger empfehle ich, nicht vorne anzufangen und das ganze Buch zu lesen. Lieber würde ich einzelne Bücher im Zusammenhang lesen, wie das Markusevangelium. Das ist vielleicht den meisten Menschen am nächsten, weil es die Jesusgeschichte erzählt. Auch das Rut- oder das Jona-Buch finde ich spannend, da es sich um kleine alttestamentliche Bücher handelt. Oder auch die Psalmen 120 bis 134. Grundsätzlich empfehle ich, Querverweisen nachzugehen. Die Bibel ist durchsetzt mit Links – man kann sich also bewegen und stöbern wie im Internet. Links in der Bibel sind Verweise, wo auf andere Bibelstellen angespielt oder aus ihnen zitiert wird. Es lohnt sich, den Verweisen nachzugehen.

Was gibt es sonst für Möglichkeiten im Bistum Osnabrück, die Bibel zu entdecken?

Für einen Ausflug eignen sich besonders unsere beiden Bibelgärten in Werlte und Bad Rothenfelde. Ersteren gibt es schon seit vielen Jahren und man kann ihn mit QR-Codes auf dem Smartphone, aber natürlich auch analog mit Informationstafeln oder bei einer Führung erkunden. Auch in Bad Rothefelde haben wir ein sehr engagiertes Team, das Führungen anbietet und im Garten aktiv ist. Es ist oft jemand vor Ort, so dass man die Leute auch einfach direkt ansprechen kann. Sie beantworten gerne Fragen. Darüber hinaus gibt es im Haus Ohrbeck unseren Bibelraum. Während der Öffnungszeiten können sich Interessierte jederzeit den Schlüssel ausleihen und reingehen, aber natürlich können Gruppen bis zu zehn Personen auch einen Termin mit mir vereinbaren. Über das Bibelforum bieten wir regelmäßig Veranstaltungen und Fortbildungen an.

Im Dezember 2016 ist die neue Einheitsübersetzung der Bibel erschienen. Wie ist ihr persönlicher Eindruck davon? Was hat sich verändert?

Einheitsübersetzung
Die neue Einheitsübersetzung passt sich dem modernen Sprachgebrauch an. Bild: Bistum Osnabrück

Ich bin sehr zufrieden damit und sehe insgesamt eine große Verbesserung. Jede Übersetzung ist immer ein Kompromiss aus Ausgangs- und Zielsprache. Diese Übersetzung ist ein bisschen wörtlicher geworden. Ich erlebe sie dadurch auch als gehaltvoller.

Was heißt das?

Weitere Infos

Die Vorgängerversion aus den 1980er-Jahren wollte gute deutsche Sprache sein, so dass man überflüssige Füllwörter und Wiederholungen vermieden hat. Das Hebräische und das Griechische leben aber von diesen Hinweisworten.

Die neue Einheitsübersetzung hat sich dem modernen Sprachgebrauch angepasst – wie äußert sich das?

In den Achtzigern hat man klassischer gesprochen. Maria hat empfangen. Nun wird Maria schwanger. Früher waren die Jünger betroffen über Jesu Rede. Jetzt staunen sie. Oft ist dieser Sprachgebrauch leichter zu hören, allerdings gerät man auch ins Stocken, weil manche Stellen sperriger werden. Ich sehe das als Chance, weil man an diesen Stellen anfängt zu denken.

Ein Beispiel?

Kontakt

Uta Zwingenberger
Am Boberg 10
49124 Georgsmarienhütte
05401/336-39
E-Mail-Kontakt

Das Wort „Wunder“ kommt nun im Neuen Testament nicht mehr vor. Es stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „Dynamik“, also Kraft oder Macht zur Veränderung beispielsweise von Menschen. Es wird nun mit dem Begriff „Machttaten“ übersetzt. Da wird man drüber stolpern. Es eröffnet gleichzeitig eine neue Wundertheologie: Gott setzt keine Naturgesetze außer Kraft, sondern es geht darum, etwas in Bewegung zu versetzen.