Grenzen

Bibelfenster zum 6. Juni 2013:

Als Jesus die Rede vor dem Volk beendet hatte, ging er nach Kafarnaum hinein. Ein Hauptmann hatte einen Diener, der todkrank war und den er sehr schätzte. Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige von den jüdischen Ältesten zu ihm mit der Bitte, zu kommen und seinen Diener zur retten. Sie gingen zu Jesus und baten ihn inständig. Sie sagten, er verdient es, dass du seine Bitte erfüllst; denn er liebt unser Volk und hat uns die Synagoge gebaut. Da ging Jesus mit ihnen. Als er nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, schickte der Hauptmann Freunde und ließ ihm sagen: Herr, bemüh dich nicht! Denn ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Deshalb habe ich mich auch nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, dann muss mein Diener gesund werden. Auch ich muss Befehlen gehorchen, und ich habe selber Soldaten unter mir; sage ich nur zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es. Jesus war erstaunt über ihn, als er das hörte. Und er wandte sich um und sagte zu den Leuten, die ihm folgten: Ich sage euch: Nicht einmal in Israel habe ich einen solchen Glauben gefunden. Und als die Männer, die der Hauptmann geschickt hatte, in das Haus zurückkehrten, stellten sie fest, dass der Diener gesund war.

Einheitsübersetzung, Lukas 7, 1-10

 

Was traut sich dieser Mann?! – Das denke ich jedes Mal, wenn ich diese Bibelstelle lese. Und ich muss zugegeben, ich denke das mit mindestens ebenso viel Bewunderung wie Befremden. Wie der mit Jesus auf Augenhöhe verhandelt, ist sensationell! Wer ist dieser Hauptmann? Offensichtlich einer, der viel zu sagen hat, einer der Leitwölfe seiner Gesellschaft. Er ist das Befehlen gewohnt, außerdem verfügt er über eine Menge Geld. Wenn er etwas will, dann kann er Beziehungen spielen lassen. Erst spannt er die religiösen Entscheidungsträger seiner Stadt ein, dann springen seine Freunde für ihn.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Dieser Mann hat also Macht, Geld und eine ganze Menge Kontakte. Doch in dieser Geschichte ist er in Not – und damit wird es spannend. Er will etwas, was er nur von Jesus bekommen kann. Nicht weniger als ein Wunder will er. Aber nicht für sich selbst, das ist die erste Überraschung, sondern für einen kranken Diener. Der scheint ihm wichtig zu sein. Und dann dieser Satz: „Du brauchst dich nicht in mein Haus zu bemühen. Das bin ich nicht wert. Sag einfach nur ein Wort, und mein Diener wird gesund. So wie Soldaten meinen Befehlen gehorchen, werden die dunklen Mächte der Krankheit und des Leids dir gehorchen und verschwinden müssen.“
Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Dieser Mann weiß, was er kann und er weiß, was er nicht kann. Was nur Jesus zusteht. Er weiß, dass er in all seiner Macht angewiesen bleibt auf Gott, der es gut mit ihm und den Seinen meint. Er kennt seine Grenzen. Daran werde ich das nächste Mal denken, wenn ich in einer Eucharistiefeier bete: „Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Da geht es nicht darum, sich klein zu reden. Es geht darum, die eigenen Grenzen zu sehen. Ich tue was ich kann und überschätze mich nicht. Den Rest, das heilsame Mehr, das bewältigt Gott für mich.

Martina Kreidler-Kos,
Frauen-, Ehe- und Familienseelsorge