Raum für Barmherzigkeit
Bibelfenster zum 14. März 2013:
Eines Tages waren wieder einmal alle Zolleinnehmer und all die anderen, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, bei Jesus versammelt und wollten ihn hören. Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer murrten und sagten: „Er lässt das Gesindel zu sich! Er isst sogar mit ihnen!“ Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere sagte: „Vater, gib mir den Teil der Erbschaft, der mir zusteht!“ Da teilte der Vater seinen Besitz unter die beiden auf. Nach ein paar Tagen machte der jüngere Sohn seinen ganzen Anteil zu Geld und zog weit weg in die Fremde. Dort lebte er in Saus und Braus und verjubelte alles. Als er nichts mehr hatte, brach in jenem Land eine große Hungersnot aus; da ging es ihm schlecht. Er hängte sich an einen Bürger des Landes, der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er war so hungrig, dass er auch mit dem Schweinefutter zufrieden gewesen wäre; aber er bekam nichts davon. Endlich ging er in sich und sagte: „Mein Vater hat so viele Arbeiter, die bekommen alle mehr, als sie essen können, und ich komme hier um vor Hunger. Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden; ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Nimm mich als einen deiner Arbeiter in Dienst!“ So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch ein gutes Stück vom Haus entfernt, da sah ihn schon sein Vater kommen, und das Mitleid ergriff ihn. Er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und überhäufte ihn mit Küssen. „Vater“, sagte der Sohn, „ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden, ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein!“ Aber der Vater rief seinen Dienern zu: „Schnell, holt die besten Kleider für ihn, steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Schuhe! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen! Denn mein Sohn hier war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.“ Und sie begannen zu feiern. Der ältere Sohn war noch auf dem Feld. Als er zurückkam und sich dem Haus näherte, hörte er das Singen und Tanzen. Er rief einen der Diener herbei und fragte ihn, was denn da los sei. Der sagte: „Dein Bruder ist zurückgekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederhat.“ Der ältere Sohn wurde zornig und wollte nicht ins Haus gehen. Da kam der Vater heraus und redete ihm gut zu. Aber der Sohn sagte zu ihm: „Du weißt doch: All die Jahre habe ich wie ein Sklave für dich geschuftet, nie war ich dir ungehorsam. Was habe ich dafür bekommen? Mir hast du nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. Aber der da, dein Sohn, hat dein Geld mit Huren durchgebracht; und jetzt kommt er nach Hause, da schlachtest du gleich das Mastkalb für ihn.“ – „Mein Sohn“, sagte der Vater, „du bist immer bei mir, und dir gehört alles, was ich habe. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen! Denn dein Bruder war tot und ist wieder am Leben. Er war verloren und ist wiedergefunden.“
Bibel 2000, Lukas 15, 1-3. 11-32
Eine oft erzählte Geschichte; eine gern erzählte Geschichte. Sie ist so „rührend“. Sie tut so gut. Und Gott wird sogleich mit dem Vater gleichgesetzt. Alles OK dann!?
Für mich seit vielen Jahren nicht mehr. Menschen in unserer Kirche bleiben hinter dieser Geschichte oft weit zurück. Da ist oft nicht Barmherzigkeit angesagt, sondern es gilt das Gesetz; da kommt dem „Sünder“ kaum einer entgegen, sondern erwartet eher, dass der „Sünder“ sich bewegt. Auch das ist Teil dieser Erzählung.
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Nur manchmal geht das nicht so einfach. Ein Mensch, der in zweiter Ehe lebt, kann nicht so einfach diese Ehe drangeben und zurückkehren. Da geschieht dann eher neues Unrecht. Menschen, die in einer konfessionsverbindenden Ehe leben, können nicht so einfach mal hier und mal dort zum Gottesdienst gehen. Das zerreißt ihre Gemeinschaft, ihre Familie eher als dass es sie festigt. Sie können „heimatlos“ werden. Die Frau, die Opfer einer Vergewaltigung wurde, kann nicht so einfach mal JA zu ihrem möglichen Kind sagen. Und was wird dann aus dem Kind, das jeglicher Liebe entbehrt? Menschen die gleichgeschlechtlich lieben, sollen nicht dazu bewegt werden, diese Liebe dranzugeben. Mit welchem Recht verlangen wir das eigentlich?
Das sind wenige, immer wieder benannte Beispiele, bei denen „Mutter Kirche“ sich ganz und gar nicht wie der Vater im Evangelium verhält: barmherzig bis zur „Schmerzgrenze“ – der ältere Sohn empfindet das wohl so. Und dann wird ein Fest gefeiert; das Fest der Barmherzigkeit, das Fest der Liebe, das Fest der Gottesliebe. Dafür sagen wir dann DANKE. Eucharistie feiern wir.
Klaus Warning, Pastor in Teilzeit