Ganz oder gar nicht
Bibelfenster zum 10. September 2010:
Als er danach weiterzog, drängten ihm viele nach, und er wandte sich um und sprach zu ihnen: „Wer sich mir anschließen will und nicht einen klaren Abstand schafft zu seinem Vater, zu seiner Mutter, zu seiner Frau und seinen Kindern, zu seinen Brüdern und Schwestern und vor allem zu sich selbst, kann mein Jünger nicht sein. Wer nicht das Kreuz auf die Schultern nimmt und es hinter mir her auf die Richtstätte trägt, der kann mein Jünger nicht sein. Wer einen Turm bauen will, setzt sich vorher, rechnet die Kosten und prüft, ob er das Geld hat, ihn zu vollenden. Sonst legt er das Fundament und kann den Turm nicht zu Ende bauen, so dass die Zuschauer anfangen zu spotten: Der hat angefangen zu bauen und kann es nicht weiterführen! Oder welcher König plant einen Krieg gegen einen anderen König und setzt sich nicht zuvor und überlegt, ob er mit zehntausend Mann dem begegnen kann, der ihm mit zwanzigtausend entgegenkommt? Sonst muss er, noch ehe er ihm begegnet, ihm eine Botschaft senden und ihn um Frieden bitten. Bedenkt; Niemand kann mein Jüngersein, der sich nicht lossagt von allem, was ihn bindet.“
Jörg-Zink-Bibel , LK 14, 25 – 33
Dieser Jesus scheint kein Freund von halben Sachen zu sein. Wer sich ihm anschließen will, der soll scheinbar verzichten: Auf Besitz, auf Familie und Freunde, auf Anerkennung… Er macht das deutlich in den Bildern vom Turmbau und vom König, der in den Krieg zieht.
„Überlege dir, auf was du dich da einlässt!“ und „Du brauchst Durchhaltevermögen!“ – Das sind die zentralen Botschaften, die ich da herauslese.
Frei nach dem Motto „ganz oder gar nicht“ versucht Jesus Klarheit zu schaffen darüber, was es bedeutet, wenn ich mich an ihm orientiere und mich auf ein Leben aus seinen Worten einlasse. Dieser Anspruch, den er hier formuliert, ist eine „harte Nuss“. Kann ich das überhaupt schaffen? Schließlich bin ich kein „Übermensch“ und habe schon mit den Herausforderungen des Alltags zu kämpfen.
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Die Bibelübersetzung von Jörg Zink liefert hier noch mal einen eigenen Zugang. Es geht um „Abstand“. Ich soll mich nicht abhängig machen von Besitz, Familie, Anerkennung. Gefordert ist hier eine positiv verstandene Freiheit, die es mir ermöglicht, mein Leben sinnvoll zu gestalten. Es geht hier weniger um die Frage, was in meinem Leben alles sein oder eben auch nicht sein darf. Es geht eher um die Frage: Welche Prioritäten setze ich? Worauf kommt es mir in meinem Leben an? Was macht mich unfrei und lähmt mich? Und was gibt mir die Möglichkeit (als Christ) gut zu leben?
So ist zu verstehen, was Jesus den Menschen zu bedenken gibt: „Niemand kann mein Jünger sein, der sich nicht lossagt von allem, was ihn bindet.“
Christian Adolf