Das andere Kaufhaus

Kaufhof Osnabrück
Bild: privat

Friede ist das Werk der Gerechtigkeit (Jesaja 31,17) – An dieses Wort des Propheten Jesaja denke ich, wenn ich in diesen Tagen auf das Gebäude des ehemaligen Galeria-Kaufhof in Osnabrück schaue. Anlässlich der 375-Jahr-Feier des Westfälischen Friedens macht dort Ibrahim Mahama, Verhüllungskünstler aus Ghana, auf den Zusammenhang von harter Arbeit, Kolonialismus, sozialer Ungerechtigkeit in der heutigen Weltwirtschaft und unserem Konsum aufmerksam.

Nicht Glitzerfolie, sondern Schweiß, Blut und Tränen haben die Jute und Kleidung gezeichnet, mit denen das Gebäude verhüllt ist. Mit Jutesäcken werden Kaffee, Kakao und Holzkohle transportiert. Die Jute ruft die ungerechten Weltwirtschaftsbedingungen in Erinnerung. An den Wänden wird deutlich: Wirtschaftskreisläufe sind nicht neutral. In diesem Kaufhaus wurden Produkte angeboten, die unter ungerechten sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen hergestellt und anschließend verkauft wurden. Im alten Kaufhaus war das selten oder gar nicht Thema. Aber wir brauchen ein friedliches Zusammenleben und andere Kaufhäuser mit transparenten Produktions- und Verkaufsabläufen.

In seiner Enzyklika „Laudato si“ schreibt Papst Franziskus dazu:

Denn es gibt eine wirkliche „ökologische Schuld“ – besonders zwischen dem Norden und dem Süden – im Zusammenhang mit Ungleichgewichten im Handel und deren Konsequenzen im ökologischen Bereich wie auch mit dem im Laufe der Geschichte von einigen Ländern praktizierten unproportionierten Verbrauch der natürlichen Ressourcen. Der Export einiger Rohstoffe, um die Märkte im industrialisierten Norden zu befriedigen, hat örtliche Schäden verursacht wie die Quecksilbervergiftung in den Goldminen oder die Vergiftung mit Schwefeldioxid im Bergbau zur Kupfergewinnung. Besonders muss man der Tatsache Rechnung tragen, dass der Umweltbereich des gesamten Planeten zur „Entsorgung“ gasförmiger Abfälle gebraucht wird, die sich im Laufe von zwei Jahrhunderten angesammelt und eine Situation geschaffen haben, die nunmehr alle Länder der Welt in Mitleidenschaft zieht. Die Erwärmung, die durch den enormen Konsum einiger reicher Länder verursacht wird, hat Auswirkungen in den ärmsten Zonen der Erde, besonders in Afrika, wo der Temperaturanstieg vereint mit der Dürre verheerende Folgen für den Ertrag des Ackerbaus hat. Dazu kommen die Schäden, die durch die Exportierung fester und flüssiger toxischer Abfälle in die Entwicklungsländer und durch die umweltschädigende Aktivität von Unternehmen verursacht werden, die in den weniger entwickelten Ländern tun, was sie in den Ländern, die ihnen das Kapital bringen, nicht tun können: Wir stellen fest, dass es häufig multinationale Unternehmen sind, die so handeln und hier tun, was ihnen in den entwickelten Ländern bzw. in der sogenannten Ersten Welt nicht erlaubt ist. Im Allgemeinen bleiben bei der Einstellung ihrer Aktivitäten und ihrem Rückzug große Schulden gegenüber Mensch und Umwelt zurück wie Arbeitslosigkeit, Dörfer ohne Leben, Erschöpfung einiger natürlicher Reserven, Entwaldung, Verarmung der örtlichen Landwirtschaft und Viehzucht, Krater, eingeebnete Hügel, verseuchte Flüsse und einige wenige soziale Werke, die nicht mehr unterhalten werden können.

Laudato si´ 51

Über den Autor

Theo Paul ist Domkapitular und unter anderem für die Krankenhäuser, Klöster und geistlichen Orte im Bistum Osnabrück zuständig. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.

Auf diese skandalösen Bedingungen möchte die Verhüllung am alten Kaufhaus hinweisen. Es geht um die vielen Entbehrungen und Nöte der Menschen in Afrika und anderswo. Menschen ohne Stimme und Ansehen sollen mitten in Osnabrück im Jahr des 375. Westfälischen Friedens eine Stimme und Lobby bekommen. Es ist ein prophetisches Zeichen, ein christlicher Hinweis, denn das Reich Gottes ist nicht indifferent gegenüber dem Welthandelspreisen! (aus „Unserer Hoffnung“ 1976)

Das andere Kaufhaus öffnet uns die Augen für unsere Wirklichkeit.

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