Die Sonne der Gerechtigkeit

Der Flügel eines Flugzeugs mit aufgehender Sonne am Himmel
Bild: unsplash.com, Reinhart Julian

Denn seht, der Tag kommt, er brennt wie ein Ofen: Da werden alle Überheblichen und alle Frevler zu Spreu und der Tag, der kommt, wird sie verbrennen, spricht der HERR der Heerscharen. Weder Wurzel noch Zweig wird ihnen dann bleiben. Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung. 

Buch Maleachi, 3,19-20b (Neue Einheitsübersetzung)

 

Am Ende der letzten Schrift des Alten Testaments lässt es unser HERR der Heerscharen noch einmal so richtig krachen: Die Überheblichen und Frevler, „die Gottlosen“ (Lutherübersetzung) haben nicht gottesfürchtig gelebt, also müssen sie erleben, wie fürchterlich Gott sein kann!

„Dank sei Gott dem Herrn“, antwortet die Gottesdienstgemeinde nach der Lesung. Auch nach dieser Lesung? Für die Vernichtung von Menschen danken – geht’s noch?

Während Gott es für seine Leute hell und heil werden lässt, wird es für alle dunklen Gestalten finster. Dieses Schwarz-Weiß-Schema ist durchaus typisch; doch im wahren Leben gibt es keine schwarzen und weißen Typen: niemand ist nur gottlos und niemand ist nur gottesfürchtig. Und wir alle sind „seine Leute“, sein Volk.

Das Bibelfenster

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Ich hoffe auf einen Tag der Heilung für alle Menschen, so überheblich und frevlerisch sie auch handeln; dazu muss alles Unmenschliche vernichtet, verbrannt werden. Einmal wird alles ans Licht kommen und in Ordnung kommen; einmal werden alle von der Liebe gerichtet werden und dadurch gerecht, richtig werden. Gott ist die Liebe, aber er ist nicht lieb und nett. Möge er Opfern die Kraft zum Vergeben schenken, und mögen Täter Vergebung erbitten und annehmen!

Dann bleibt es für immer Tag, dann scheint nur noch die Sonne der Gerechtigkeit, und das über uns allen. Sie brennt nicht vernichtend, sondern heilt mit ihren Flügeln – ein etwas seltsames und doch auch tröstliches Bild, finde ich …

Ich bin zuversichtlich, mir diese Deutung, diese Hoffnung nicht einfach zurecht zu legen; sie passt zum Gottesbild Jesu. Nur darum kann ich auf diese Lesung, auf diese „Worte des lebendigen Gottes“ doch antworten: Dank sei Gott dem Herrn!

Martin Splett, Seelsorger in der Magdalenen-Klinik