Die Tür zu den Schafen

Die Tür zu den Schafen
Bild: unsplash.com, Lachlan Gowen

In jener Zeit sprach Jesus: Amen, amen, ich sage euch:
Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe.

Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.

Johannes 10,1-2.7

In dieser Bibelstelle liegen die Themen Vertrauen und Misstrauen nah beieinander.

Das Bild von Jesus als dem guten Hirten kennen viele und es ist recht einfach, dieses Bild für sich und seinen Glauben mit Leben zu füllen, wenn man ein Grundvertrauen in Gott und in seinem Glauben hat.

Und dass man Menschen, die nicht durch die Tür hineinkommen, sondern irgendwo einsteigen, nicht trauen sollte, ist eigentlich auch klar.

Was aber, wenn sich Menschen als gute Hirten ausgeben, aber Böses im Schilde führen? Menschen, die nur für eigene Zwecke ausnutzen oder gar missbrauchen wollen? Die mit ihrer Deutung der Botschaft Jesu Christi manipulieren und ausbeuten wollen? Leider zeigt die Geschichte, dass das viel zu häufig vorgekommen ist und vorkommt, und leider sind diese Menschen eben nicht so schnell als Dieb oder Räuber zu identifizieren, sondern gehen in vermeintlicher Hirtenmission strategisch und clever vor wie der Wolf im Schafspelz. Das ganze Thema „geistlicher Missbrauch“ wird gerade erst anfänglich aufgearbeitet …

Das Bibelfenster

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Aber wie kann man sich davor schützen? Unser Glaube und unsere Religion leben von Menschen, die Deutungen anbieten und unsere Botschaft möchte gedeutet werden, damit sie zeitgemäß und lebendig bleiben kann. Bei der Beantwortung dieser Frage ist mir der 7. Vers des oben stehenden Evangeliums ganz neu ins Auge gefallen. Jesus sagt: „Ich bin die Tür zu den Schafen.“ Jesus und seine Botschaft sind es, die uns zu einem guten Leben, einem Leben in Fülle führen sollen. Und wir alle haben Zugang zu ihm und zu seinem Evangelium, dass uns als Wegweiser dienen kann. Wer mit Deutungen kommt, in denen es um Jesus und seine Botschaft geht, dem sollte es um diese Sache gehen. Wer aber mit einer Deutung kommt, die sich scheinbar explizit und äußerst konkret auf mich, mein Tun oder intimste Bereiche meines Lebens bezieht, den sollte man vielleicht doch kritisch hinterfragen und überlegen, ob das auch dem eigenen Verständnis der Botschaft entsprechen kann.

Wir alle sind als Getaufte mit dem Heiligen Geist ausgestattet und grundsätzlich in der Lage, die Botschaft Gottes für unser eigenes und das gute Leben aller zu deuten und zu gestalten, und es gibt grundsätzlich niemanden, der diesbezüglich mehr weiß oder eher Recht hat, als andere – schon gar nicht, wenn die Deutung MICH und MEIN Leben betreffen! Wer als „Hirte“ fungieren möchte und dabei eher eigene, persönliche Interessen verfolgt, dem würde ich skeptisch gegenüber bleiben; wem es um Jesus und die Menschen und die gute Botschaft für ALLE geht, wer also über Jesus und seine Sache zu den Menschen kommt, der sollte es auch gut mit den Menschen meinen.

Pastoralreferentin Eva Schumacher