Dranbleiben am Wort Jesu

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Bild: unsplash.com, Kelly Sikkema

In jener Zeit sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: „Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?“ Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: „Daran nehmt ihr Anstoß? Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn aufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben.“ Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn ausliefern würde. Und er sagte: „Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist.“ Daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: „Wollt auch ihr weggehen?“ Simon Petrus antwortete ihm: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Johannes 6, 60-69 (Einheitsübersetzung)

 

Beim Lesen des Textes bin ich am Weggehen der Jünger hängengeblieben und musste spontan an die vielen Kirchenaustritte heutzutage denken. Dabei fiel mir auf, wie unterschiedlich die Situationen doch sind, wie sehr der Vergleich für mich hinkt: Damals empfanden viele Leute die Worte von Jesus als Zumutung, als hart. Jesus war warmherzig, aber nicht weichherzig – kein Softie. Für diejenigen, die es bequem hatten und wollten, hatte seine Botschaft von der Nähe Gottes durchaus auch etwas Unbequemes. Das ist bis in unsere Zeit so.

Heute empfinden viele Leute, die der Kirche den Rücken kehren, zu viele Worte von zu vielen Kirchenführern als Zumutung, als hart. Sie kommen ihnen realitätsfremd oder ungerecht vor. Schlimmer noch sind die vielen sündigen Taten, die nicht zu den heiligen Worten passen. Bei Jesus sind Wort und Tat eine Einheit, das macht ihn so glaub-würdig.
Damals gingen Leute beleidigt weg von Jesus, als er ihnen sagte, sie sollten sich nichts auf ihren Glauben einbilden, der sei nicht ihr Verdienst. Heute gehen Leute enttäuscht weg von der Kirche, wo sie sich zu viel auf ihre Rechtgläubigkeit einbildet.

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Was bleibt? Ich bleibe dabei, weil es für mich bei dem bleibt, was Petrus erkannt hat: Jesus hat Worte ewigen Lebens. Seine Liebesbotschaft, die er bis zum Tod und darüber hinaus gelebt, verkörpert hat, gibt meinem Leben Sinn. Wer die Institution Kirche aufgrund von leidvollen Erfahrungen verlässt, verliert dadurch nicht zwangsläufig seinen Glauben, seine Beziehung zu Christus, zu Gott. Ich persönlich möchte an den Worten Jesu dranbleiben – und das in einer Kirche, in der ich Geist-volles erfahren durfte und immer wieder darf. Es gibt Menschliches in der Kirche, das mich befremdet und abstößt; und es gibt Menschliches in der Kirche, das mich freut und im Glauben bestärkt. Manchmal wird mir schmerzlich bewusst, wie sehr ich selbst hinter der Botschaft zurückbleibe, für die doch auch ich ein Zeuge sein will. Zugleich begegnen mir immer wieder glaubwürdige Zeugnisse und Zeug*innen der frohen Botschaft innerhalb der Kirche – und außerhalb. Das lässt mich hoffen.

Martin Splett, Seelsorger in der Magdalenen-Klinik