Im Bistum Osnabrück sind mittlerweile vier Pfarrbeauftragte im Einsatz, die anstelle eines Pfarrers die Gemeindeleitung übernommen haben. Drei davon leiten seit August 2019 die Pfarreien auf den Inseln Juist, Norderney und Langeoog. Hier stellen sie sich kurz vor:
Susanne Wübker, Pfarrbeauftragte auf Langeoog
Das Leben einer Pfarrbeauftragten … unterscheidet sich nicht von dem einer Insel-Seelsorgerin.
Meine erste Amtshandlung war … die Unterzeichnung des Kaufvertrags einer schweizerischen Hauser-Orgel, die bald in der St. Nikolauskirche erklingen wird.
Meine Gemeinde … ist stets für Überraschungen gut. Vor allem deshalb, weil viel mehr Gläubige und Menschen guten Willens sich St. Nikolaus zugehörig fühlen als katholische Insulaner verzeichnet sind. So feiert und wirkt diese Gemeinde Jesu Christi in immer neuen Mischungen.
Ganz oben auf meiner Prioritätenliste steht … dass Menschen ungehindert aus der Quelle der Heiligen Schrift und aus der Quelle der Eucharistie schöpfen können für ihr Leben.
Hier gönne ich mir eine Pause: am oder im Meer.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte … wünschte ich mir mehr evangeliumsgemäßen Wagemut für unsere Kirche und jede*n einzelne*n in ihr.
Markus Fuhrmann, Pfarrbeauftragter auf Norderney
Das Leben eines Pfarrbeauftragten … ist sehr vielfältig und ist ein Leben mit den Menschen und für die Menschen vor Ort. Und dazu muss man sich mitten unter die Menschen mischen, ansprechbar sein und zuhören. Wenn ich aus der Haustür komme, beim Einkaufen bin, in der Kirche etwas vorbereite – oft ergeben sich Gespräche, die tiefer gehen.
Meine erste Amtshandlung war … das, was ich auch schon in all den Jahren zuvor getan habe: Ich habe morgens die Pfarrkirche aufgeschlossen und eine Kerze angezündet 😊
Meine Gemeinde … ist toll! In unserer Gemeinde haben die Menschen vielfältige Begabungen und Fähigkeiten, die sie zum Wohl aller einbringen. Das macht große Freude und ich bin sehr dankbar, dass ich in einer so engagierten und begabten Gemeinde leben und arbeiten darf.
Ganz oben auf meiner Prioritätenliste steht: Anträge schreiben für die Renovierung unserer beiden Kirchen, die Erstkommunionvorbereitung 2020, eine Veranstaltung für die Bewerbung „Fairtrade-Town Norderney“ mitplanen, den Religionsunterricht an der Gesamtschule vorbereiten und ein Projekt mit der örtlichen Feuerwehr.
Weitere Infos
- Hier finden Sie ein ausführliches Interview mit Michael Göcking und weitere Infos zum Modell der Pfarrbeauftragten. Michael Göcking ist der erste Pfarrbeauftragte, der im Bistum Osnabrück eingesetzt wurde. In diesem Video zeigt er, was das im Alltag bedeutet.
- Weitere Infos zur Kirche der Beteiligung gibt es hier.
Hier gönne ich mir eine Pause: Wenn ich morgens unsere Zwillinge zum Kindergarten gebracht habe, dann fahre ich auf dem Rückweg mit dem Rad über den Nordstrand zurück. Da sitze ich dann ein paar Minuten und schaue einfach auf die Nordsee. Manchmal bete ich, manchmal höre ich einfach nur den Wellen und den Möwen zu. Es ist die Zeit, bevor das touristische Leben auf Norderney erwacht.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte … dann wünsche ich mir, dass in der katholischen Kirche sehr bald alle Ämter für Frauen und Männer, ob verheiratet oder unverheiratet, geöffnet werden. Das ist für mich nicht nur ein Wunsch, sondern – besonders die Frauenfrage – letztlich ein Frage der Gerechtigkeit und der Glaubwürdigkeit unserer Kirche! Verbunden mit diesem Wunsch ist ein weiteres Anliegen: Dass alle Gemeindemitglieder erkennen, was ihnen durch Taufe und Firmung geschenkt wurde: Alle sind „die Kirche“ – nicht die Priester, die Pastoralreferentinnen, die Hauptamtlichen usw. alleine. Die Einführung von Pfarrbeauftragten darf nicht zu einer anderen/neuen Art von „Klerikalismus“ führen, sondern: Es muss ein neues Bewusstsein dafür wachsen, dass jede*r von Gott Gaben geschenkt bekommen hat – und die gilt es zu entdecken und einzubringen.
Sr. Michaela Wachendorfer, Pfarrbeauftragte auf Juist
Das Leben einer Pfarrbeauftragten … auf Juist in der Touristenseelsorge ist ungeheuer vielfältig – Exerzitienbegleitung (ein Schwerpunkt meiner Arbeit), Gottesdienstvorbereitung, Lieder anstimmen, Handwerker suchen, Seelsorgegespräche führen, Büroarbeit, Sitzungen, Pferdemist vor der Kirche aufsammeln 😊, Vorträge begleiten, Bibliodrama anleiten und vieles anderes mehr, was täglich neu und oft auch völlig unplanbar hier passiert.
Meine erste Amtshandlung war … genauso wie immer: ich habe um 7.10 Uhr die Kirche aufgeschlossen, eine Kerze bei der Bernsteinmadonna von Juist angezündet und dann die gemeinsame Schweigemeditation angeleitet. Das ist ein tägliches Angebot, offen für alle, die morgens meditieren wollen.
Meine Gemeinde … besteht aus einer kleinen Ortsgemeinde, meistens außerhalb der Saison sichtbarer, und einer sehr großen Touristengemeinde. Das bedeutet, es sind jeden Sonntag andere Menschen in unserer Kirche. Es ist ein ganz buntes Gemisch von Menschen und es entsteht jeden Sonntag neu eine Gemeinde, die sich um den wirklichen Mittelpunkt: Gott in der Kirche versammelt. Das erfordert und fördert viel Flexibilität und Kreativität in unserer Kirche – richtig klasse! Hier kann man spüren, was Kirche ist … höre ich immer wieder von den Leuten.
Ganz oben auf meiner Prioritätenliste steht: Menschen zu einem „Gottesort“ einzuladen. Dafür diesen Ort gastfreundlich für alle offen zu halten und zu gestalten, so dass sich jede und jeder Willkommen fühlt und aufgenommen in einen geistlichen Raum, damit Zeit ist zum Atem holen für die Seele.
Hier gönne ich mir eine Pause: Immer wieder am Meer, das liegt nur zwei Minuten entfernt, um dem „Ewigkeitsrauschen“ zu lauschen und Weite zu spüren.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte … wünsche ich mir eine mutige Kirche, die vielfältig für Gerechtigkeit eintritt, für die Rechte der Frauen (auch und besonders in der Ämterfrage) – für mich eine Frage der Menschenwürde und Gleichberechtigung. Wie ich hier immer wieder dankbar spüre, schwirrt der heilige Geist überraschend herum und bringt Bewegung! Wir müssen nur die Ohren dafür öffnen und dürfen nicht die Augen davor verschließen.