Du bist gefragt

Weggabelung
Bild: unsplash.com Jens Lelie

In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du die Wahrheit sagst und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst und auf niemanden Rücksicht nimmst, denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Was meinst du? Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum versucht ihr mich? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denár hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!

Matthäus 22, 15-21

Kaiser oder Gott? Jesus lässt sich nicht auf das „Oder“ ein, plädiert für Beides. Es gibt Fragen, da ist meine Entscheidung gefordert: Worauf setze ich meine Hoffnung, wodurch erhält mein Leben und mein Lieben einen tiefen, bleibenden Sinn, wohin richte ich Dank und Bitte, Verehrung oder auch Klage? Für Gläubige kann es darauf nur eine letzte Antwort geben, kann es nur den einen Gott geben.

Zugleich ist dieser Gott im Vorletzten für vieles nicht in einer Weise zuständig, die uns aus der Verantwortung entließe. Der Schöpfer hat uns seine Schöpfung anvertraut, damit wir selbst tätig werden. Eine Frömmigkeit, die an der Welt und uns selbst vorbei alles und jedes vom himmlischen Vater erwartet, verfehlt ihr Ziel.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Zur Veranschaulichung zwei moderne Übersetzungen der „Kaiser oder Gott“-Frage: „Lasst der Wissenschaft, was Sache der Wissenschaft ist, und gebt Gott, was Gott gehört“: Innerweltliche Zusammenhänge zu erforschen, sollten wir kritischer Wissenschaft überlassen. Zugleich kann und will sie nicht die Welt im Ganzen erklären, Fragen wie die nach Sinn und Bedeutung meines Lebens beantworten.

Eine zweite Übersetzung stammt aus meiner Klinikseelsorgepraxis: „Lass Dich für den therapeutischen Prozess auf die therapeutischen Mittel ein, und mach Deine Seele, Dein Herz in Gott fest.“ Gelegentlich wollen Patienten ihre psychische Last auf spirituelle Weise loswerden, anstatt auf Psychotherapie und auch Medikamente zu setzen. Ich habe hoffentlich Jesus im Rücken, wenn ich meine: Beten kann eigentlich nie schaden, dafür oft guttun. Zugleich darf es nicht an die Stelle der segensreichen Möglichkeiten von Therapie und Pflege treten.

Alles Gute kommt letztlich von oben, okay! Doch Gott bedient sich irdischer Kräfte, einschließlich meiner eigenen: auch ich bin gefragt. Gib Gott, was Gottes ist, und tu, was Deins ist. Und bitte Gott zu tun, was Seins ist.

Seelsorger in der Magdalenen-Klinik, Martin Splett