Es ist Zeit für Wandel
Du aber, mein lieber Timotheus, gehörst Gott und dienst ihm. Deshalb meide all diese Dinge. Bemüh dich vielmehr mit aller Kraft darum, das Richtige zu tun, Gott zu dienen, ihm zu vertrauen und deine Mitmenschen von ganzem Herzen zu lieben. Begegne ihnen mit Geduld und Freundlichkeit. Kämpfe den guten Kampf des Glaubens! Erringe so das ewige Leben. Dazu hat dich Gott berufen, und das hast du vor vielen Zeugen bekannt. Vor Gott, der alles Leben gibt, und vor Jesus Christus, der gegenüber Pontius Pilatus ein klares Bekenntnis über sich abgelegt hat, ermahne ich dich nun eindringlich: Führ deinen Auftrag so vorbildlich aus, dass niemand dir etwas Schlechtes nachsagen kann, bis unser Herr Jesus Christus kommt. Die Zeit dafür bestimmt Gott selbst, der vollkommene und alleinige Herrscher, der König aller Könige, der Herr aller Herren. Er allein ist unsterblich, er lebt in einem Licht, das niemand sonst ertragen kann, kein Mensch hat ihn je gesehen. Ihm allein gebühren Ehre und ewige Macht. Amen.
1 Timotheus 6, 11-16, Hoffnung für alle
Wenn ich die Texte vom Sonntag lese, tue ich dies mit den Eindrücken zum vom Anfang der Woche veröffentlichten Zwischenbericht der Studie zur sexualisierten Gewalt in unserem Bistum. Als eine, die sich mit dem Thema Prävention sexualisierter Gewalt schon seit vielen Jahren beschäftigt, haben mich die ersten Ergebnisse nicht groß überrascht, wohl aber sehr betroffen gemacht. Dass der Fokus im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt eher auf die Beschuldigten gerichtet wurde und dass das Leid der Betroffenen kaum wahrgenommen wurde, ist ein harter Schlag. Karl Haucke, der als Betroffener die Studie begleitet, sagt sehr treffend: „Wir brauchen kein Erschütterungsgetöse und keine Schamkaskaden. Die Verantwortlichen müssen das Wort ‚Ich‘ verwenden: ‚Ich bin verantwortlich, weil ich Strukturen, die Missbrauch gefördert haben, unterstützt habe.’“
In seinem Brief gibt Paulus seinem Mitarbeiter Timotheus und so auch uns hierzu wichtige Anweisungen:
„Bemüh dich vielmehr mit aller Kraft darum, das Richtige zu tun, Gott zu dienen, ihm zu vertrauen und deine Mitmenschen von ganzem Herzen zu lieben. […] Führ deinen Auftrag so vorbildlich aus, dass niemand dir etwas Schlechtes nachsagen kann, bis unser Herr Jesus Christus kommt.“
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Hier klingt deutlich das Gebot der Selbst- und Nächstenliebe an. Dies zu befolgen, nennt Paulus richtiges Handeln. Unser alltägliches Handeln muss sich an diesem Gebot messen lassen. Darin liegt die große Herausforderung – für Timotheus und für uns.
Mein großer Wunsch für die kommende Zeit ist, dass sich der Haltungswandel, den Herr Haucke benennt, vollziehen wird, sowohl bei den Leitungsverantwortlichen als auch bei mir und uns allen: Nicht das Ansehen von Beschuldigten darf länger im Vordergrund stehen; vielmehr bedarf die Anerkennung des Leids der Betroffenen und ihre Entschädigung Priorität. Unsere Kirche muss ein Ort sein, an dem jede*r willkommen und sicher ist! Nur, wenn wir alle dieser Maxime folgen, kann sich ein solcher Haltungs- und Kulturwandel, für den WIR, für den ICH SELBST mit verantwortlich bin, umsetzen lassen. Und darin sehe ich einen Dienst an Gott.
Kirsten Ludwig