Fragen und Zweifel

Fragezeichen aus Licht
Bild: unsplash.com Emily Morter

Es war ein Besuch im Dominikanerkloster Lage-Rieste. Beim Abschied schenkte mir Schwester Maria Magdalena ein Buch von Tiemo Rainer Peters. Der Dominikanerpater ist am 25. November 2017 im Alter von 79 Jahren an Krebs gestorben.

Ich habe Pater Tiemo während meiner Studienzeit als Dozent in Münster und bei seinen Besuchen in Lage-Rieste erlebt. „Glauben ohne Geländer“, so lautet der Titel des Buches. Darin sind Gespräche protokolliert, die auf dem Hintergrund seiner Krankheit geführt wurden. Seine Theologie war wesentlich geprägt durch den evangelischen Pastor und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer.

Glauben hieß für Pater Tiemo, mit der Zumutung zu leben, dass der Christ kein zusätzliches Wissen hat. Für ihn war die Krise der Theologie darin begründet, dass sie zu viel und zu sehr für sich denkt und zu wenig (anderen) zu denken gibt, zuwenig präsent ist im Hier und Heute und immer noch zu sehr die Erwartung bedient, jemand würde irgendwann kommen wie ein Zauberer und uns verwandeln. Das einfache Dasein zu leben, das war für Tiemo Peters glauben.

Über den Autor

Theo Paul ist Generalvikar und damit Stellvertreter des Bischofs und Leiter der Verwaltung des Bistums. In seinen Blogbeiträgen greift er gerne aktuelle Themen auf.

Ganz in der Tradition von Bonhoeffer waren seine Reflexionen immer von einer tiefen Diesseitigkeit bestimmt. Die Nöte und Alltagssorgen wurden ernst genommen. Alles, wofür es eine Lösung gibt, war für ihn interessant. Aber mehr noch bestimmten Fragen über Fragen sein Leben. Aus seiner persönlichen Betroffenheit heraus räumte er mit seinen Fragen und Zweifeln manches Geländer des Glaubens beiseite. Am Anfang seiner Ausführungen steht: „Für mich, der ich in einer Notkirche, konkret einer Turnhalle, zu ministrieren begonnen hatte, ist Kirche immer eine Noteinrichtung gewesen“ (S. 23). Sie ist eine Baustelle der Fragen und Zweifel.

Das ist auch mein Eindruck: Aus jeder Antwort im Glauben ergeben sich zehn neue Fragen. Ich bin dankbar, im Theologiestudium gelernt zu haben, Fragen zu leben.

Ein Kommentar zu “Fragen und Zweifel

  1. Heute dürfte das Undenkbare theologisch wieder an Bedeutung gewinnen, lieber Theo. Schon Paul Valéry, den Tiemo an dieser Stelle immer gerne gelesen hat, bekannte, sich nur für das zu interessieren, was er nicht „erfinden“ kann. „Alles, wofür es eine Lösung gibt, ist nicht interessant“, schrieb die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein und Tiemo hat seinen Schülern und Freunden dieses Zitat vermutlich schon deswegen „um die Ohren gehauen“, weil ihm jede Form der Vermarktung und Reklame von Grund auf suspekt war, insofern sie ihre Sache schon dadurch verrät, dass sie Theologie als Selbstbespiegelung und methodischen Narzissmus verkauft, und erst recht nicht geeignet ist, den Glauben und seine Begriffe wieder interessant und vor allem glaubwürdig zu machen.
    Theologie als methodische Maßnahme, wie Tiemo sagt, das göttliche Geheimnis im Denken aufgehen zu lassen oder den Glauben in lebensweltliche Erfahrungen zu überführen, ist nicht interessant. Auch als reine Religionspädagogik oder Religionsdidaktik, als bloße Literaturwissenschaft in der Exegese oder Religionsphilosophie in der Fundamentaltheologie, wie Tiemo im Nachdenken über Gott an den Grenzen der Moderne sagt. Bleibt die Frage, was denn dann die Theologie wirklich und im anspruchsvollen Sinn des Wortes interessant macht?

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