Frauen verkünden das Wort

Frau liest ein Buch
Bild: unsplash.com, Priscilla du Preez

Vom 13. bis 20. September 2020 findet im Rahmen des von Papst Franziskus ausgerufenen internationalen Jahres der Bibel die Aktionswoche „Frauen verkünden das Wort“ statt. In mehr als 50 Gemeinden und in rund 90 Gottesdiensten im Bistum werden Frauen predigen. Frauen im Predigtdienst? Inga Schmitt ist Referentin im Bereich Glaubenskommunikation des Bistums Osnabrück. Im Interview erklärt sie, was die Aktionswoche mit „Kirche der Beteiligung“ zu tun hat, welches Ziel sie verfolgt und warum es gar nicht so selbstverständlich ist, dass sie stattfindet.

Frauen verkünden das Wort – in anderen christlichen Konfessionen gehören predigende Frauen im Gottesdienst zum Alltag. Auch die Heilige Hildegard von Bingen, die Patronin der Aktion, hat bereits im Mittelalter gepredigt. Was ist das Besondere an dieser Initiative?

In der katholischen Kirche stehen bestimmte Aufgaben offiziell eigentlich nur bestimmten Menschen zu. Das betrifft insbesondere den Predigtdienst in der Messe. Kirchenrechtlich dürfen nur Geweihte, also Priester und Diakone im Gottesdienst predigen, alle anderen nicht. Hintergrund ist, dass der Gottesdienst als eine Einheit gesehen werden soll und der Priester, der dem Gottesdienst vorsteht, die gesamte Verantwortung für diese Einheit und damit auch für die Auslegung des Wort Gottes übernimmt.

Wenn das Predigen Nichtgeweihten doch eigentlich verboten ist, wieso gibt es jetzt diese Aktion?

Plakat Frauen verkünden das Wort 2020Die katholische Kirche sagt nicht grundsätzlich, dass das Predigen verboten wäre, sondern nur speziell im Rahmen der Messe. Ansonsten ist natürlich jeder Getaufte und Gefirmte dazu aufgerufen, Zeugnis zu geben. Wir finden, dass wir den Rahmen jetzt ein wenig weiten müssen, damit speziell Frauen mit ihren Charismen noch stärker als bisher in Liturgie und Verkündigung zu sehen und zu hören sind. 2020 ist das internationale Jahr der Bibel und in diesem Zusammenhang wurde auf Bundesebene in der Bischofskonferenz und im katholischen Bibelwerk überlegt, was man dazu machen kann. Irgendwo zwischen Frauenseelsorge und Pastoralkommission entstand dabei die Idee, den Predigtdienst in den Fokus zu nehmen. Unser Bischof war von der Idee ganz begeistert. Das Predigen hat ja ganz viel mit der Bibel zu tun und die Auslegung des Wort Gottes ist ein sehr großer Bestandteil des Gottesdienstes. Wir haben den Faden aufgegriffen, weil er so gut zu unserer Strategie Kirche der Beteiligung im Bistum Osnabrück passt.

Was genau kann man sich nun unter „Frauen verkünden das Wort“ vorstellen?

Auf Bundesebene hat die Frauenseelsorge Frauen dazu eingeladen, Predigten einzureichen, aus denen ein Buch entstehen soll. Bei uns im Bistum haben wir uns aber darauf verständigt, dass es nicht nur darum gehen soll, Schriftstücke einzureichen, sondern Frauen im Gottesdienst sichtbar zu machen. Und zwar auch stellvertretend für alle anderen Nichtgeweihten. Es reicht eben nicht, nur im Familienkontext oder im Beruf Zeugnis zu geben. Das muss auch aktiv geschehen, wenn wir Gottesdienst feiern.

Was ist für Sie also das konkrete Ziel der Aktion?

Unser Ziel ist, dass Getaufte und Gefirmte ihre Lebens- und Glaubenserfahrung aktiv im Gottesdienst im Rahmen der Verkündigung mit einbringen können. In Deutschland sind unterschiedlichste Frauen und Männer an der Gestaltung unserer Gesellschaft beteiligt. Wir möchten das auch für Kirche fruchtbar machen und Nichtgeweihten die Möglichkeit geben, ihre Talente im Gottesdienst einzubringen. Wir sind im innersten Kern davon überzeugt, dass Gott mit uns einen Weg gehen und das Leben mit uns zu einem besseren gestalten will. Und wir glauben, dass wir das langfristig nur schaffen, wenn wir auch Nichtgeweihte an Kirche beteiligen und anderen die Möglichkeit geben, aus ihren Erfahrungen zu lernen.

Kompakt

Im Rahmen der Aktionswoche „Frauen verkünden das Wort“ sind Frauen eingeladen, das Wort Gottes zu verkünden und auszulegen. Patronin der Initiative ist die mittelalterliche Kirchenlehrerin und Visionärin Hildegard von Bingen. Rund um ihren Gedenktag, den 17. September, werden im Bistum Osnabrück ehrenamtlich und hauptamtlich engagierte Frauen in den Gottesdiensten über Gottes Wort predigen. Alle Termine und weitere Infos gibt es hier: http://www.bistum.net/fvdw2020

Papst Franziskus hat kürzlich noch einmal daran erinnert, dass das Wort Gottes nur von Geweihten verkündet werden darf. Trotzdem findet diese Aktion im Bistum Osnabrück statt … 

Ja und das ist ganz und gar nicht selbstverständlich! Im Bundesgebiet gibt es nicht viele Stellen, die die Aktion so wie wir aufgegriffen haben. Unser Engagement liegt ganz klar an unserem Bischof, der von der Idee letzten Herbst so begeistert war und dem eine Kirche der Beteiligung ein großes Anliegen ist. Er sieht darin eine große Chance, in Deutschland den katholischen Glauben überhaupt an den Mann und an die Frau bringen zu können. Wenn das unser Ziel ist, müssen wir das im Auge behalten. Wir wollen Zeugnis geben und das Wort Gottes verkünden. Unser Ziel können wir in Deutschland nur erreichen, wenn wir unterschiedlichste Männer und Frauen daran beteiligen und sie von dem erzählen lassen, was sie bewegt.

Kann man die Aktion ein Stück weit als Rebellion im Kleinen betrachten?

Uns geht es nicht darum, gegen festgelegte Dinge wie die Gottesdienstgestaltung zu rebellieren. Wir sehen darin vielmehr eine klare Option, wie der Geweihte Verantwortung für die Gestaltung des Gottesdienstes und das Wort Gottes übernehmen kann. Wenn ein Priester es ermöglicht, dass eine Frau in seinem Gottesdienst den Predigtdienst übernimmt, hat der Priester weiterhin die Hauptverantwortung für den Gottesdienst. Auftrag von Predigt ist auch, das Wort Gottes für die heutige Zeit fruchtbar zu machen und das kann in ganz unterschiedlichen Formen geschehen. Wir sind viele und es gibt viele verschiedene Lebenserfahrungen. Ein Priester oder Diakon kann das auf seine Weise mit seinem Wortbeitrag und aus seiner Lebenserfahrung heraus tun. Aber manchmal braucht es auch andere Beiträge aus anderen Lebenserfahrungen und Blickwinkeln, um das Wort Gottes für andere Menschen fruchtbar zu machen. So übernimmt der Geweihte also weiter die Verantwortung in seinem Gottesdienst für das Wort Gottes, nur indem er so ermöglicht, neben seiner Sicht auch andere Sichtweisen in den Gottesdienst einzubringen.

Wie gestaltet sich die Aktionswoche im September im Bistum Osnabrück?

Wir haben Frauen dazu eingeladen, sich auf den Weg zu machen und Predigten zu schreiben. Dazu haben wir auch eine kleine Predigtwerkstatt als Online-Fortbildung entwickelt, wo Frauen und andere Interessierte lernen können, wie man das am besten macht. Der Bischof hat die Pfarrer der Gemeinden angeschrieben und sie gebeten zu ermöglichen, dass die Frauen in der Aktionswoche im Gottesdienst in ihrer Kirche vor die Gemeinde treten und von dort aus das Wort Gottes verkünden und aus ihrer Sicht auslegen können.

Was sind das für Frauen, die im September predigen werden?

Das sind ganz unterschiedliche Frauen mit unterschiedlicher Erfahrung. Zum einen sind das hauptamtliche Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, aber auch ehrenamtlich engagierte Frauen, z.B. aus der kfd. Manche von ihnen übernehmen bereits liturgische Dienste und sind ausgebildet, Wortgottesdienste zu leiten. Andere waren neugierig und möchten es einfach mal ausprobieren.

Wie können sich Frauen daran beteiligen, die sich jetzt für die Aktion interessieren?

Jede Frau, die mitmachen möchte, kann sich direkt an ihren Pfarrgemeinderat oder ihr Pastoralteam wenden. Falls es vor Ort Schwierigkeiten gibt, unterstützen wir interessierte Frauen mit den Absprachen und der Organisation. Uns liegt viel daran, dass die Beiträge eine gewisse Qualität haben. Zur Vorbereitung stehen allen Interessierten im Internet Unterlagen aus der kleinen Predigtwerkstatt zur Verfügung. Dazu gehören Materialen zu verschiedenen Bibelstellen sowie mehrere Videovorträge von Bruder Franz, der die Aktion begleitet. Die Gottesdienstfeiernden sollen am Ende mit einem guten Gefühl nach Hause gehen und sich fragen, warum Frauen eigentlich nicht häufiger predigen.

Die Predigt von Frauenseelsorgerin Elisabeth Lis zum Auftakt der Aktionswoche gibt es hier im Video:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden