Freudige Überraschung an einem launischen Apriltag
Samstagvormittag zur Marktzeit. Mit Maske und Mütze stehen eine Kollegin und ich vor dem Forum am Dom. Meine Güte, denke ich, sehen wir vermummt aus. Aber bei gefühlten drei Grad und starkem Wind geht es nicht anders. Es ist schön, da zu sein. Auf dem Markt herrscht gute Laune, ein buntes Treiben in entspannter, ruhiger Atmosphäre. Viele kommen und gehen mit ihren Rucksäcken und Taschen, aus denen Lauchstangen, Früchte, Kräuter und Blumen herausquellen. Sie genießen sichtlich ihren Marktbesuch. Ich erzähle davon, weil mich eine Begebenheit besonders berührt hat.
Auf Abstand ergeben sich bald Gespräche mit einzelnen Passanten. „Ach, es tut einfach gut, Menschen zu sehen und etwas unter Leuten zu sein“, sagt eine Frau, „man hat ja sonst so wenig Kontakt.“ Mit einem freundlichen „Hallo“ begrüßt uns ein anderer und stellt mit Bedauern fest: „Wie schade, dass ihr noch nicht öffnen dürft. Gerne würde ich mich wieder im Forum aufwärmen und einen Kaffee trinken.“
Neben dem Desinfektionsmittel auf einem Tisch liegen Karten mit kurzen spirituellen Impulsen unter dem Motto „moment mal“ aus. „Die brauche ich nicht“, sagt uns ein Herr nach einem Blick darauf. „Es muss ja doch jeder seinen eigenen Weg finden und das, was für ihn persönlich passt.“ Eine Frau greift gerne zu. Sie sei immer interessiert an guten Impulsen für den Alltag.
Zwischendurch kommt ein junger Mann vorbei und will uns eine Broschüre in die Hand drücken: Tod und Auferstehung Jesu – verständlich erklärt. Er komme aus einer anderen Stadt extra heute nach Osnabrück. Kaum jemand wüsste ja noch, was an Ostern gefeiert werde. Deshalb wolle er den christlichen Glauben erklären und auf dem Markt unter die Leute bringen. Aha, schießt es mir durch den Kopf, auf seine Weise sehr engagiert. Aber das wäre nicht unser Weg.
Über die Autorin
Daniela Engelhard ist Leiterin des Forums am Dom in Osnabrück. Bei der Arbeit in dieser Einrichtung der Citypastoral kommt sie mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Von Erlebnissen und Themen, die sie bewegen, berichtet sie in ihren Blogbeiträgen.
Wir sind einfach da und ansprechbar, bieten kleine Anstöße zum Nachdenken an, ohne jemandem etwas aufzudrängen. Auf unserem Tisch liegen auch kleine Päckchen, die ein Röllchen mit einem Bibelvers enthalten. Ein Mann nimmt sich eines und fragt mit leicht zweifelnder Stimme, welcher Bibelspruch denn darin stehe und ob er zu ihm passe. „Ich weiß es nicht. Wenn Sie mögen, nehmen Sie gerne einen mit und lassen sich überraschen“, lautet meine Antwort. Mit einem „ok, dann schau ich mal“ steckt er das Päckchen in seinen Rucksack und zieht seines Weges.
Eine Woche später, kurz bevor wir zusammenpacken, kommt der Mann, der sich etwas skeptisch das Päckchen mitgenommen hatte, mit strahlendem Gesicht unter der Maske wieder an unseren Stand. „Ach, das wollte ich Ihnen noch sagen: Es war genau der richtige Bibelvers für mich!“ „Welcher Vers war es denn?“, frage ich neugierig. „Ihr seid das Licht der Welt.“ Und er versichert mir: „Der war absolut passend für mich!“
Was für ein kostbarer Moment. Doppelte Freude, bei ihm und bei mir. Ein überraschendes Geschenk für uns beide. „Ihr seid das Licht der Welt“ (Matthäus 5,14). Ein kurzer kleiner Bibelvers mit nur sechs Worten verbreitet Licht und Zuversicht mitten in der Pandemie an einem launischen Tag im April.