Geburtsort für Gut und Böse
Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. Amen, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird kein Jota und kein Häkchen des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich. Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemanden tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe! Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und du wirst ins Gefängnis geworfen. Amen, ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast.
Matthäus 5,17-26
„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“ Dieser Satz aus der Präambel der UNESCO macht deutlich: Die Mitte des Menschen – das Herz – ist der Geburtsort von Gut und Böse. Deswegen legt Jesus in diesem Abschnitt der Bergpredigt großen Wert darauf, auf diesen Urgrund zu schauen.
Wir können in der politischen Landschaft feststellen, dass verächtliche, von Hass erfüllte Gedanken zu Worten werden, dass die Worte die Atmosphäre vergiften, dass die vergiftete Atmosphäre sich in verbaler und körperlicher Gewalt entladen kann. Aus Gedanken und Worten können Taten werden. Deswegen ist es wichtig, nicht nur die Taten im Blick zu haben, sondern darauf zu achten, welche Vorstellungen und Urteile in unseren Gedanken Raum gewinnen. Dort im Herzen von uns Menschen darf tief aus dem Bewusstsein unserer Taufe immer wieder neu lebendig werden, dass der Respekt, Höflichkeit und Wertschätzung Ausgangspunkt für ein friedliches Miteinander sind.
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Im Kontrast dazu gilt, dass Hass, üble Nachrede, Verdrehungen von Fakten (fake news), Lügen oder Missgunst und Missachtung Räume öffnen, in denen ein friedliches Miteinander zerstört wird. Jesus wollte meiner Meinung auf die Wurzel des Übels aufmerksam machen. Deswegen ist es wichtig, bei sich selbst und im Gespräch mit anderen diesen inneren Gedanken- und Herzens-Raum immer wieder neu für Toleranz, für Verständnis für andere Religionen, Kulturen, Hausfarben und Lebensentwürfen offen zu halten – und im Konfliktfall mit Zivilcourage zu verteidigen. „Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns!“
Pater Franz Richardt