Alt, gelassen, auf Gott vertrauen

Alter Mann am Strand
Bild: unsplash.com, elena-saharova

In Deutschland sind über 17 Millionen Menschen älter als 65 Jahre. Für viele von ihnen spielt der Glaube eine wichtige Rolle. Im Interview mit Vertretern der Seniorenpastoral im Bistum Osnabrück spricht Bischof Franz-Josef Bode über das Alter, den Glauben, und warum ihm sein bischöflicher Wahlspruch beim Älterwerden hilft.

 

Welche Kraft kann Ihrer Einschätzung nach aus dem Glauben besonders für ältere Menschen erwachsen?

Unser Glaube sagt uns, dass Gott uns entgegenkommt und wir seine Zuwendung und Liebe nicht „erleisten“ müssen. Er sagt, dass wir nicht ständig etwas anstrengen und machen müssen, um ihm zu begegnen. Er ist von sich aus für uns da. Im Alter werden Leistungsfähigkeit und Kraftressourcen geringer. Doch die vielen Erfahrungen des Lebens können gelassener machen, so dass Menschen sich selbst mehr lassen können in Gott. Auch in Beschwerden, Krankheit und Leid dürfen sie auf die Nähe Gottes vertrauen. Sie können aus dem Glauben heraus leichter Versöhnung finden und dürfen hoffen, dass sie auf ein größeres Leben in Gott zugehen. Sie können durch den Glauben an einen Gott, der jeden Menschen in jeder Lebenslage annimmt, zu der Gewissheit gelangen, dass sie für ihn nie überflüssig oder lästig sind.

Bischof Franz-Josef Bode
Bischof Franz-Josef Bode Bild: Bistum Osnabrück

Machen Sie die Erfahrung, dass Gläubige ihr Leben und ihre Schicksalsschläge aus Gottes Hand besser annehmen können als Menschen, die keinem „Schöpfer“ vertrauen?

Ich habe oft erfahren, dass Menschen mit einem Gespür für den Glauben und einer Übung im Glauben ihr Leid, ihren Schrei, ihr Nichtverstehen leichter vor Gott oder in eine betende Gemeinschaft bringen können und so eher Halt finden. Ich habe zum Beispiel erlebt, wie eine Frau nach dem Verlust all ihrer vier Kinder durch eine Flutkatastrophe ihren Lebens- und Glaubensweg weitergegangen ist. Oft ist es eine große Hilfe für Leidende, wenn sie erfahren, dass andere für sie beten und an sie denken. Auch ist oft das Sterben eines in Gottvertrauen eingeübten und versöhnten Menschen leichter als das eines Menschen, der keine Hoffnung auf größeres Leben hat. Eine Garantie dafür ist der Glaube allerdings auch nicht. Und er hilft auch meistens nicht, die Dinge besser zu verstehen, aber er hilft sehr oft, sie besser zu bestehen.

Hilft der Glaube an einen barmherzigen Gott, das im eigenen Leben anzunehmen, was ungelebt oder unversöhnt geblieben ist?

Ich habe häufig erfahren, dass der Blick auf den barmherzigen Gott zu Gelassenheit und Versöhnung führt. Allerdings sitzen die Bilder eines eher unbarmherzigen, manchmal tyrannischen Gottes, den man gnädig stimmen muss, sehr tief. Gerade bei älteren Menschen ist das oft so. Da wird dann die unendliche Barmherzigkeit Gottes nicht immer so deutlich und klar erfahren.
Ein zu harmloses Bild von einem immer nur „lieben Gott“ hilft allerdings ebenfalls nur wenig, weil es im Ernstfall des Lebens letztlich nicht trägt. Deshalb muss die Verkündigung immer sehr darauf bedacht sein, welche Bilder und Vorstellungen von Gott sie in den Menschen weckt. Gott nimmt uns radikal ernst und will auch von uns in seinen Worten und Verheißungen ernstgenommen werden.

Kontakt

Christiane van Melis

Christiane van Melis
Diözesanreferentin für das 3. & 4. Lebensalter
Domhof 12
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Viele Menschen tun sich besonders im Alter schwer mit der Endlichkeit. Welche Zuversicht kann der Glaube schenken?

Die Erfahrung der Endlichkeit, der Begrenztheit, des Abnehmens der Kräfte und Möglichkeiten ist eine schwer anzunehmende Wirklichkeit. Umso mehr sollte der Glaube an einen menschgewordenen Gott vertieft werden, der alle unsere Begrenzungen und Leiden selbst durchgemacht hat, sie aber in der Auferstehung durchstoßen hat auf unbegrenztes Leben hin. Vielleicht ist die Rede vom Ewigen Leben dann besser verständlich. Ewiges Leben ist ja nicht eine Verlängerung unseres jetzigen Lebens ins Unendliche – eine grausame Vorstellung –, sondern ein Leben in Fülle, ein Leben mit und in Gott.

Was ist Ihnen auf dem Hintergrund Ihres persönlichen Schriftwortes: „Gott ist größer als unser Herz“ wichtig, um mit „Zuversicht aus dem Glauben“ älter werden zu können?

Mein Wahlspruch „Gott ist größer als unser Herz“ (1 Joh 3,20) wird mir im Laufe meines Lebens immer wichtiger, weil er mich nie fertig sein lässt mit meiner Vorstellung von Gott und meinem Leben mit Gott. Ob ich ihn gerade als ganz nah erfahre oder oft auch als abwesend oder kaum erfahrbar: Er bleibt der Größere, auf den ich mit fortschreitendem Leben zugehe wie auf einen Horizont, der sich immer neu öffnet. Ich liebe den betenden Satz der heiligen Katharina von Siena: „Je mehr ich dich finde, desto mehr suche ich dich.“ Das hilft meiner Zuversicht, dass mein Leben auf Gott zugeht, weil er größer und mir immer schon voraus ist und mir entgegenkommt.

Zuversicht ist nicht Optimismus nach dem Motto: Es wird schon alles gutgehen. Zuversicht ist auch nicht verträumte Illusion: Es kann ja nur besser werden! Sie ist das Vertrauen, dass meine Schritte, auch meine ganz alltäglichen Schritte, nicht ins Leere gehen, dass sie nicht umsonst und vergeblich sind und dass der größere Gott mich immer wieder aufrichtet, wenn ich strauchle. Das ist sein Gericht: uns Richtung und Halt zu geben und uns aufzurichten und uns auszurichten auf sein Kommen hin.