Mehr als Spazierengehen – warum sich Pilgern lohnt

Wanderer in einer Berglandschaft
Bild: pixabay.com, Hermann

Den Kopf frei bekommen, Orientierung finden, Stille oder Gemeinschaft genießen, in der Natur sein, Gott begegnen – gute Gründe fürs Pilgern gibt es viele. Aber was sollte man wissen, bevor man losgeht und wo geht man am besten hin? Pastor Kristian Pohlmann, Geistlicher Rektor der katholischen Landvolkhochschule Oesede, beantwortet hier im Interview ein paar grundlegende Fragen.

Was genau ist Pilgern und worin besteht der Unterschied zum Spazieren gehen?

Pilgern heißt, dass sich Menschen – alleine, zu zweit oder als größere Gruppe – auf den Weg machen. Manche gehen dazu einen bestimmten Weg oder Abschnitt eines bestimmten Weges, der schon seit Jahrzehnten und seit Jahrhunderten als Pilgerweg verstanden wird. Viele dieser Pilgerwege enden an einem Pilger- oder Wallfahrtsort.

Kristian Pohlmann
Pastor Kristian Pohlman

Der Unterschied zum Spazierengehen ist in meiner Ansicht, dass Pilgerinnen und Pilger religiös unterwegs sind; also dass Beten und Singen, Impulse, Momente der Stille, aber auch das Nachdenken und Sprechen über Gott, die Mitmenschen und sich selbst ein wichtiger Bestandteil des Weges sind.

Was ist das Tolle am Pilgern – warum sind Sie ein Fan?

Ich glaube, ich bin durch die Telgter Wallfahrt von klein auf geprägt. Aber auch in der Katholischen Landvolkhochschule biete ich kleine Pilgerwanderungen an. Ich finde es reizvoll, miteinander unterwegs und im Austausch zu sein. Viele intensive Gespräche über Gott und die Welt entwickeln sich erst im Gehen und im längeren gemeinsamen Unterwegssein. Bei der Wallfahrt von Osnabrück nach Telgte ist es für mich die Gemeinschaft, das gemeinsame Beten, der vertraute Ort Telgte und die von klein auf vertrauten Lieder, die ein Stück religiöse Heimat für mich sind, auch wenn ich sie nicht jeden Sonntag singen würde. Bei den Wanderungen, die ich über die Landvolkhochschule anbiete, ist es mehr die Gemeinschaft, das Hören voneinander und dass anhand von Impulsen die Umgebung noch einmal ganz neu, anders und tiefer wahrgenommen wird. Der Wald wirkt anders, wenn ich im Oktober Impulse zum Erntedank im Ohr habe oder im Sommer Impulse aus dem Sonnengesang des Franz von Assisi mitnehme.

Welche persönlichen Gründe können Menschen zum Pilgern motivieren?

Ich denke, die Menschen suchen bestimmte Pilgerorte auf und unternehmen Pilgerreisen, um zu beten, um Gott zu danken, um Gott ihre Sorgen und Fragen zu bringen. Ich genieße es, momentan an einem wichtigen Pilgerort – Rulle – leben zu dürfen. Dort erlebe ich immer wieder, dass Menschen kommen, um einfach an diesem Ort eine Kerze zu entzünden, sich ins Fürbittbuch einzutragen oder eine Last abzulegen. In Lage-Rieste und Heede gibt es bis heute das sogenannte „Kreuztragen“: Man trägt das Kreuz im Gedenken an Kranke und Verstorbene und will sich so mit ihnen solidarisieren, an sie besonders denken. Andere sehen Pilgerreisen als sportliche Herausforderung. Wieder andere genießen die Gemeinschaft oder mögen die Tradition, die mit einem bestimmten Pilgerweg verbunden ist.

Weitere Infos

  • Wer mit Kristian Pohlmann pilgern möchte, bekommt detaillierte Informationen dazu auf der Internetseite der Landvolkhochschule und direkt per Mail: pohlmann@klvhs.de oder Telefon: 05401 8668-35.
  • Der Mönchsweg, der Ostfriesland-Pilgerweg und der Jakobsweg im Bistum Osnabrück – hier finden Sie Ideen für weitere Pilger-Touren im Bistum. (Link wird noch ergänzt.)
  • Infos zu den Wallfahrten im Bistum Osnabrück finden Sie hier.
  • Pilgerreisen über die Grenzen des Bistums hinaus bietet die Diözesanpilgerstelle des Bistums an. Hier geht’s zu den Angeboten.

Welche bekannten Pilgerorte gibt es im Bistum?

Oh, ich hoffe, dass ich jetzt keinen vergesse: Rulle, Heede, Lage-Rieste, Wietmarschen, Ihlow, den Hümmlinger Pilgerweg, Clemenswerth, St. Annen, Kloster Oesede … und – zwar außerhalb unseres Bistums gelegen aber dennoch sehr populär – Telgte mit der jährlichen großen Fußwallfahrt. Der bekannteste Pilgerweg im Bistum ist wahrscheinlich der Hümmlinger Pilgerweg, aber auch Teile des Jakobswegs kann man im Bistum laufen – und noch einige andere Pilgerwege.

Gibt es spezielle Vorbereitungen, die man für eine Pilgerwanderung treffen muss?

Das kommt darauf an. Auf jeden Fall brauche ich Verpflegung, gutes Schuhwerk, wetterentsprechende Kleidung. Ansonsten ist die Frage: Was möchte ich? Ich kann mich durch Gebet und in Gedanken auf die Pilgerreise einstimmen? Ich kann Bücher über einen bestimmten Weg lesen. Ich kann im Vorfeld nachdenken: Was möchte ich gedanklich mit auf den Weg nehmen an Personen, an Wünschen, an Anliegen, an Fürbitten …? Ich kann mir im Vorfeld Gedanken machen, was ich von dem Tag erwarte. Oder ich kann natürlich auch sagen: Ich gehe ganz unbeschwert in den Tag hinein, ich möchte bewusste Sorgen und Fragen zu Hause lassen und mal abschalten.

Wie lange dauert eine Pilgerwanderung und wie läuft sie ab?

Das ist wirklich sehr unterschiedlich. Von Stunden, über Tage, bis Wochen und Monate kann so ziemlich alles dabei sein. Bei den Pilgertagen, die ich an der Landvolkhochschule anbiete ist es so, dass ich immer vorher etwas zu einem Thema für die Wegstrecke vorbereite. Dann treffen wir uns um 13 Uhr zu einem Impuls in der Bruder-Klaus-Kirche. Anschließend geht’s los mit gemeinsamem Wandern und weiteren Impulsen, mit Zeit zum Austausch, Zeit für persönliche Gespräche und zwischendurch auch einem Abschnitt in Stille. Um 17 Uhr sind wir dann meist wieder zur Abendmesse in der Bruder-Klaus-Kirche und danach gibt’s noch Abendessen in der Landvolkhochschule. Das Programm ist auch für Anfänger gut zu bewältigen; ein guter Schnuppertag zum Einstieg ins Pilgern!