Liebe als Türöffner

Eine Person, die einer anderen freundlich die Tür öffnet. Beide winken einander zu.
Bild: canva.com

Auf seinem Weg nach Jerusalem zog er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte. Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber wird euch erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein. 

Lukas 13,22-30

„Draußen vor der Tür“ – so heißt ein Theaterstück des viel zu früh verstorbenen Schriftstellers Wolfgang Borchert. Darin steht der Kriegsheimkehrer Beckmann am Ende des Zweiten Weltkriegs buchstäblich und sinnbildlich draußen. Mit seinen Erlebnissen und Traumata findet er keinen Platz in der Nachkriegsgesellschaft, die lieber vergessen und einen Schlussstrich ziehen will. Beckmann passt nicht ins Bild – er stört.

Wie viele Menschen bleiben heute in unserer Gesellschaft „draußen vor der Tür“? Geflüchtete, Menschen in prekären Lebensverhältnissen, Einsame, Menschen mit Beeinträchtigungen, Menschen verschiedener sexueller Orientierungen, People of Color und andere marginalisierte Gruppen.

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Im oben stehenden Evangelium spielt die Tür eine wesentliche Rolle. Es geht um die Frage: Wer wird gerettet? Wer wird ins Himmelreich kommen? Und wer bleibt Draußen vor der Tür? Jesus antwortet auf diese Frage, dass es für viele gar nicht so einfach sein wird, durch die „enge Tür“ zu gelangen. Und er begründet das mit einem nicht ganz klaren Satz des sogenannten Herrn des Hauses: „ihr habt alle Unrecht getan!“ Welches Unrecht gemeint ist wird nicht konkret von Jesus benannt.

Aber muss Jesus hier überhaupt konkret werden? Ist es angesichts seiner Botschaft und seines Handelns nicht klar, was er mit Unrecht meint? Wo ich Gottes Liebe nicht durch meine Herzenstür in mich hineinlassen, wo ich mich vor dieser Liebe verschließe. Wo ich nur mich, meine Interessen und mein Wohlergehen im Blick habe. Wo ich andere ausschließe. Da werde ich dieser Liebe Gottes nicht gerecht. Ich habe den Schlüssel zum Öffnen und Weiten der „engen Tür“ selbst in der Hand. Und ich bin es, nicht Gott, der diese Tür eng macht.

Ein schönes Beispiel, wie Menschen einander zu Türöffnern werden, stand in diesen Tagen in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ein beeinträchtigter Jugendlicher möchte eine landwirtschaftliche Ausbildung machen. Er liebt das Treckerfahren und auch Tiere. Landwirt zu werden, sein großer Wunsch. Ein Ausbildungsplatz war sehr schwer zu finden. Irgendwie blieb er „draußen vor der Tür“. Durch die Berichterstattung ist ein Landwirtsehepaar auf diesen jungen Menschen und seinen Wunsch aufmerksam geworden. Sie haben sich beraten und ihm die Tür zu einer Ausbildung auf ihrem Hof geöffnet. Mit dieser helfenden Tat ist das Ehepaar zum Türöffner für den jungen Mann geworden, aber auch für sich selbst.

Hermann Steinkamp